Aufhebungsvertrag wegen Krankheit

Aufhebungsvertrag wegen Krankheit
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Wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, kommt ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit in Betracht. Hier erfahren Sie vom Anwalt für Aufhebungsverträge, was Sie dazu wissen müssen.

  1. Aufhebungsvertrag wegen Krankheit – 4 Tipps vom Fachanwalt
  2. Soll ich einen Aufhebungsvertrag wegen Krankheit unterschreiben?
    1. Aufhebungsvertrag während Krankengeldbezug
    2. Arbeitgeber will eine schnelle Trennung
    3. Aufhebungsvertrag während Wiedereingliederung
    4. Weitere Vor- und Nachteile des Aufhebungsvertrags wegen Krankheit
  3. Ist ein Aufhebungsvertrag während einer Krankheit überhaupt möglich?
  4. Abfindung im Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen
  5. Arbeitslosengeld nach einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen gesperrt?
  6. Krankengeld nach einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen verringert?
  7. Resturlaub im Aufhebungsvertrag wegen Krankheit auszahlen lassen
  8. Fazit

Aufhebungsvertrag wegen Krankheit – 4 Tipps vom Fachanwalt

Wir haben unzählige Mandanten zum Aufhebungsvertrag wegen Krankheit beraten. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass es oft auf diese Tipps ankommt:

Unterschreiben Sie niemals sofort!

Lassen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber nicht zur Unterschrift drängen. Oft schlägt das Unternehmen einen Vertrag vor, der für Sie nachteilig ist. Sie sind nicht verpflichtet, dem Aufhebungsvertrag wegen Krankheit zuzustimmen. Suchen Sie vor Ihrer Zustimmung den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht.

Bestehen Sie auf eine hohe Abfindung

Gute Chancen auf eine hohe Abfindung im Aufhebungsvertrag haben Sie nur, wenn Sie die Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber taktisch geschickt angehen. Das Gesetz sieht nämlich keinen Anspruch auf eine Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag wegen Krankheit vor (mehr dazu).

Im Aufhebungsvertrag den Resturlaub abgelten lassen

Arbeitnehmer, die lange krank sind, haben meist viele ungenutzte Urlaubstage. Diese können Sie im Aufhebungsvertrag in einen Zahlungsanspruch umwandeln und so einen attraktiven Geldbetrag erhalten (mehr dazu).

Vorsicht während Krankengeldbezugs

Wenn Sie bereits Krankengeld von Ihrer Versicherung beziehen, sollten Sie besonders vorsichtig sein. Sie riskieren eine Sperrzeit wegen des Aufhebungsvertrags. Die Versicherung stellt die Zahlungen dann grundsätzlich 12 Wochen lang ein (mehr dazu).

2. Soll ich einen Aufhebungsvertrag wegen Krankheit unterschreiben?

Das hängt stark vom Einzelfall ab. Drei klassische Konstellationen werden hier näher vorgestellt:

Aufhebungsvertrag während Krankengeldbezug

Wenn Sie bereits Krankengeld erhalten, kann ein Aufhebungsvertrag für Sie sinnvoll sein.

Zum Hintergrund: Finanzielle Versorgung bei langer Krankheit

  • In den ersten sechs Wochen bezahlt Sie der Arbeitgeber grundsätzlich weiter (Entgeltfortzahlung).
  • Anschließend beziehen Sie Krankengeld von der Krankenkasse für maximal 72 weitere Wochen.
  • Endet auch dieser Zeitraum, kommt unter Umständen z.B. eine Erwerbsminderungsrente in Betracht. Nicht selten geht es allerdings ans Ersparte oder in den Bezug von Arbeitslosengeld I oder II.

Oft besteht das Arbeitsverhältnis im Krankengeldbezug noch. Wenn Sie dann wegen der Krankheit nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren, kommt ein Aufhebungsvertrag in Betracht.

Vorteile:

  • Wenn Sie (z.B. in einem anderen Beruf) arbeitsfähig sind, können Sie nach Ende Ihres Arbeitsvertrags Arbeitslosengeld I beziehen. Dieses beträgt bis zu 67% des vorherigen Nettoeinkommens.
  • Oft lässt sich eine Abfindung für Sie aushandeln. Ob und in welcher Höhe sie realistisch ist, hängt davon ab, wie sehr der Arbeitgeber an Ihrem Ausscheiden interessiert ist. Eine finanzielle Belastung sind Sie nach sechs Wochen Krankheit nicht mehr für ihn. Meistens möchte er aber zumindest Planungssicherheit über Ihre Stelle haben, um diese neu besetzen zu können. Je ungewisser das Ob und Wann Ihrer Rückkehr scheint, desto eher können Sie mit einer Abfindung rechnen.

Nachteile:

Der Aufhebungsvertrag kann zu einer Sperrzeit führen. Sie erhalten dann meist 12 Wochen lang kein Krankengeld. Ausnahmen gelten, wenn Sie einen wichtigen Grund für den Aufhebungsvertrag haben (mehr zum Krankengeld nach einem Aufhebungsvertrag).

Arbeitgeber will eine schnelle Trennung

Gelegentlich bieten auch Arbeitgeber selbst einen Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen an.

Dazu kommt es tendenziell eher zu Beginn einer Krankheit oder bei vielen Kurzerkrankungen. Der Arbeitgeber will sich dann schnell und rechtssicher von Ihnen trennen. So kann er eine Kündigung vermeiden, die mit einigen Unsicherheiten behaftet ist, meist einen langwierigen Gerichtsprozess verursacht und deshalb teuer ist.

Wegen dieses Risikos ist für den Arbeitgeber ein Aufhebungsvertrag attraktiv.

Das sollten Sie ausnutzen! Sprich: Sie sollten auf eine hohe Abfindung bestehen. Nur dann ist es für Sie attraktiv, den Aufhebungsvertrag wegen Krankheit zu unterschreiben. Ein Aufhebungsvertrag ohne Abfindung ergibt für Sie meist keinen Sinn. Wenn Sie dem Vertrag nicht zustimmen, muss der Arbeitgeber Sie schließlich weiter beschäftigen oder Ihnen kündigen. Greift er tatsächlich zur Kündigung, lässt sich spätestens vor Gericht meist eine Abfindung aushandeln.

Aufhebungsvertrag während Wiedereingliederung

Wer lange aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, durchläuft häufig ein Programm zur Wiedereingliederung in den Betrieb. Sie sollen so schrittweise wieder an Ihren Arbeitsplatz zurückgeführt werden. Unter Beteiligung Ihres Arztes und der Krankenkasse wird ein Plan entworfen, der z.B. zunächst eine deutlich reduzierte Wochenarbeitszeit vorsieht.

Gelegentlich stellen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber während der Wiedereingliederung fest, dass Sie künftig doch nicht mehr zusammenarbeiten wollen. Sie können dann auch während der Wiedereingliederung einen Aufhebungsvertrag abschließen.

Während der Wiedereingliederung genießen Sie als Arbeitnehmer den üblichen hohen Kündigungsschutz. Daher sollten Sie einen Aufhebungsvertrag während der Wiedereingliederung nicht ohne anwaltliche Prüfung unterschreiben. Ebenso drohen Risiken beim Arbeitslosengeld.

Weitere Vor- und Nachteile des Aufhebungsvertrags wegen Krankheit

Daneben kann der Aufhebungsvertrag gegenüber der Kündigung diese Vor- und Nachteile für Sie haben:

Vorteile des Aufhebungsvertrags wegen Krankheit:

  • Wenn Sie bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben, der Ihrem Gesundheitszustand besser entspricht, können Sie schnell in die neue Firma wechseln. Für den Aufhebungsvertrag gelten keine Kündigungsfristen.
  • Schließen Sie einen Aufhebungsvertrag ab, haben Sie in der Regel Einfluss auf Ihr Arbeitszeugnis. Darin wird auch angegeben, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wurde. Das ist für künftige Bewerbungen hilfreich.

Nachteile des Aufhebungsvertrags wegen Krankheit:

  • Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abschließen, haben Sie keinen Kündigungsschutz. Sie können sich nachträglich nicht mehr gegen den Verlust Ihrer Stelle wehren.
  • Auch droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld und beim Krankengeld.
  • Außerdem wird Ihre Abfindung unter Umständen auf das Arbeitslosengeld angerechnet, wenn Sie den Betrieb kurzfristig verlassen. Was das bedeutet, wird unten im Detail erklärt.

Für den Aufhebungsvertrag mit schwerbehinderten Arbeitnehmern gelten einige Besonderheiten.

3. Ist ein Aufhebungsvertrag während einer Krankheit überhaupt möglich?

Ein Aufhebungsvertrag setzt – anders als eine Kündigung – keinen besonderen Grund voraus. Mit einem Aufhebungsvertrag können Arbeitgeber und Arbeitnehmer jederzeit einvernehmlich den Arbeitsvertrag beenden. Das gilt auch bei Krankheit des Arbeitnehmers.

Einmal abgeschlossen, ist der Aufhebungsvertrag verbindlich. Nur ausnahmsweise können Sie sich als Arbeitnehmer von dem Aufhebungsvertrag wieder lösen.

Das kommt in folgenden Situationen in Betracht:

  • Der Arbeitgeber hat sie arglistig getäuscht oder widerrechtlich gedroht. Droht der Arbeitgeber zum Beispiel mit einer Kündigung, obwohl eine Kündigung völlig unberechtigt wäre und schließen Sie deshalb einen Aufhebungsvertrag, können Sie diesen anfechten. Sie erhalten dann Ihren Arbeitsplatz zurück.
  • Der Arbeitgeber hat das „Gebot des fairen Verhandelns“ verletzt. Schafft der Arbeitgeber bewusst eine psychische Drucksituation und schließen Sie nur deshalb den Aufhebungsvertrag, können Sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verlangen. Das hat das Bundesarbeitsgericht 2019 entschieden. Wann genau eine solche Drucksituation vorliegt, ist in der Rechtsprechung noch nicht endgültig geklärt. Denkbar ist das zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber zuhause einen an Depression erkrankten Arbeitnehmer überrascht und dort auffordert, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Im Fall vor dem Bundesarbeitsgericht ging es um eine vergleichbare Konstellation.

Übrigens: Auch ein rückwirkender Aufhebungsvertrag wegen Krankheit ist unter Umständen möglich. Sie heben so den Arbeitsvertrag für die Vergangenheit auf.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitsvertrag zum rückwirkenden Beendigungszeitpunkt bereits außer Vollzug gesetzt war; das heißt, dass Sie zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr gearbeitet haben.

Meist ist der Arbeitgeber an einer solchen Rückwirkung interessiert. Lassen Sie deshalb genau prüfen, ob für Sie durch den rückwirkenden Aufhebungsvertrag Nachteile entstehen.

Sie benötigen eine individuelle Beratung zu Ihrem Fall?

Ausführliche Informationen über die Kosten einer anwaltlichen Vertretung erhalten Sie hier:

4. Abfindung im Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen

Die meisten Aufhebungsverträge wegen Krankheit enthalten eine Abfindung. Sie müssen dafür allerdings verhandeln.

Chancen auf eine Abfindung

Schlägt der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag selbst vor, stehen die Chancen auf eine Abfindung recht gut. Sind hingegen Sie in erster Linie an der Trennung interessiert, ist eine Abfindung zumindest ohne den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht unrealistisch. Nur mit langjähriger Erfahrung auf diesem Feld sind die Verhandlungen regelmäßig von Erfolg gekrönt.

Höhe der Abfindung

Die Höhe der Abfindung ist gesetzlich nicht geregelt und hängt vom Verhandlungsgeschick ab.

In der Praxis hat sich die grobe Faustformel durchgesetzt, dass Abfindungen ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr betragen.

Beispiel: A ist seit 5 Jahren im Betrieb des B beschäftigt und schließt im Zuge eines Burnouts einen Aufhebungsvertrag. Er verdiente zuletzt 5.000 € brutto im Monat. Nach der Faustformel beträgt die Abfindung 0,5 x 5.000 € x 5 Jahre = 12.500 €.

Je nach Fall sind deutlich höhere oder niedrigere Abfindungen möglich!

Maßgeblichen Einfluss hat, wie leicht sich der Arbeitgeber auch ohne Ihre Zustimmung von Ihnen trennen könnte (in Form einer Kündigung). Wenn eine Kündigung ausscheidet, kann er sich nur per Aufhebungsvertrag von Ihnen trennen. Er ist dann also auf Ihre Zustimmung angewiesen, was Sie wiederum von einer hohen Abfindung abhängig machen sollten.

Besonders wichtig in diesem Kontext ist, wie schnell Sie wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren könnten. Dem Arbeitgeber fällt es oft nicht leicht, eine sog. Negativprognose darzulegen. Dies ist jedoch Voraussetzung, um Ihnen einseitig kündigen zu können.

Beispiel: Im Falle einer Kündigung wegen Depression oder eines Burnouts müsste der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen, dass Sie auch in Zukunft regelmäßig ausfallen.

Bisherige Fehlzeiten sind dafür nur ein Indiz. Sie können dieses z.B. mit einem ärztlichen Gutachten entkräften, das die Heilung der Depression oder des Burnouts für wahrscheinlich hält. Dies wird Ihnen besonders gut gelingen, wenn die psychische Erkrankung auf ein einmaliges Ereignis zurückzuführen ist.

Es wurde auch bereits entschieden, dass ein Zeitraum von einem Jahr ohne Ausfälle wegen einer Depression gegen die Zulässigkeit einer Kündigung spricht, selbst wenn der Arzt den Arbeitnehmer noch nicht als geheilt ansieht. Der Betroffene war zuvor 140 Tage wegen der Depression arbeitsunfähig.

Einfluss auf die Höhe der Abfindung hat auch, ob der Arbeitgeber bereits einen Nachfolger für Sie gefunden hat. Dann will er Ihren Arbeitsvertrag möglichst zügig beenden – auch gegen eine hohe Abfindung.

5. Arbeitslosengeld nach einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen gesperrt?

Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abschließen, droht Ihnen eine Sperrfrist (offiziell: „Sperrzeit“) von bis zu zwölf Wochen beim Arbeitslosengeld. In der Zeit erhalten Sie keine Zahlungen.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Arbeitslosengeld nach einem Aufhebungsvertrag.

Erhalte ich überhaupt Arbeitslosengeld trotz Krankheit?

Das hängt davon ab, ob Sie arbeitsfähig sind. Ihnen steht kein Arbeitslosengeld zu, wenn Sie am Ende des Arbeitsverhältnisses wegen Ihrer Krankheit nicht mehr arbeiten können.

Die Krankenkasse wird Ihnen dann aber meist Krankengeld zahlen.

Auch für das Krankengeld kann Ihnen allerdings eine Sperrzeit verhängt werden! Die Voraussetzungen sind dieselben wie beim Arbeitslosengeld.

Um Arbeitslosengeld zu erhalten, müssen Sie außerdem in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate lang eingezahlt haben. Sie müssen also eine Beschäftigung gehabt haben (kein Minijob).

Sperrzeit vermeiden

Wenn Ihnen grundsätzlich Arbeitslosengeld zusteht, droht Ihnen eine Sperrzeit.

Sie können der Sperrzeit entkommen, wenn Sie für den Abschluss des Aufhebungsvertrags einen wichtigen Grund hatten. Davon dürfen Sie ausgehen, wenn Ihnen das Arbeitsverhältnis nicht mehr zumutbar ist.

Das trifft insbesondere auf diese beiden Fälle zu:

Wichtiger Grund #1: Kündigung wegen Krankheit droht

Ein wichtiger Grund besteht, wenn Sie ohnehin wegen Ihrer Krankheit gekündigt würden.

Das Arbeitsamt verhängt deshalb keine Sperrzeit, wenn:

  • Ihnen ganz konkret eine Kündigung wegen Ihrer Krankheit droht,
  • die Kündigungsfrist nicht umgangen wird,
  • Sie als Arbeitnehmer nicht unkündbar waren (z.B. als Betriebsratsmitglied, Schwerbehinderter oder wegen tarifvertraglicher Regelungen) und
  • die Abfindung maximal 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr beträgt (entsprechend § 1a KSchG).

Liegt die Abfindung höher, muss es trotzdem nicht zu einer Sperrzeit kommen. Die Bundesagentur prüft dann allerdings, ob die sonst drohende Kündigung wirksam gewesen wäre. Zu welchem Ergebnis sie kommt, kann am besten ein Fachanwalt für Arbeitsrecht abschätzen.

Wichtiger Grund #2: Arbeit wegen Krankheit unzumutbar

Unter Umständen liegt schon allein wegen Ihrer Krankheit ein wichtiger Grund vor. Dann ist nicht notwendig, dass der Arbeitgeber mit einer krankheitsbedingten Kündigung droht.

Die Anforderungen sind allerdings hoch. Die Arbeitsagentur verlangt erhebliche Beeinträchtigungen und umfangreiche Nachweise.

Das gilt besonders für das Arbeitslosengeld bei einem Burnout und anderen psychischen Leiden. Diese Gründe haben dazu geführt, dass die Gerichte einen Burnout als wichtigen Grund jeweils ablehnten:

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 3. Juli 2023 – L 7 AL 72/21:

„Grundsätzlich können gesundheitliche Beeinträchtigungen eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses [Anmerkung: z.B. per Aufhebungsvertrag] rechtfertigen. Das ist immer der Fall, wenn diese so schwerwiegend sind, dass die bisherige Beschäftigung nicht mehr ausgeübt werden kann und aus gesundheitlichen Gründen eine andere Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber nicht zumutbar ist […]. 

Zur Beweisführung geeignet sind insoweit im Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorliegende, aktuelle ärztliche Befunde, die die geltend gemachte Erkrankung, deren Ausprägungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sowie die Notwendigkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem konkreten, gewählten Zeitpunkt überzeugend darlegen und bestätigen. […]

Auch ein ärztliches Sachverständigengutachten könnte den erforderlichen Beweis nicht erbringen, weil sich ein solches Gutachten allein auf die anamnestischen Angaben des Klägers und seiner Ehefrau stützen könnte. Die von dem Kläger geschilderten gesundheitlichen Auswirkungen haben nach seiner eigenen Darstellung mit der Aufgabe des Arbeitsplatzes schlagartig aufgehört.“

Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. Juni 2016 – L 3 AL 130/14:

„[Die Klägerin] befand sich ausweislich des Befundberichts ihres behandelnden Arztes Dr. C… im Frühjahr 2012 wegen Depressionen und eines Erschöpfungszustands in ärztlicher Behandlung. Zudem war sie in dieser Zeit einige Wochen arbeitsunfähig geschrieben und stand auch aus Sicht ihrer Lehrerkollegen vor einem Zusammenbruch. Die Ursachen hierfür lagen nach den Angaben der Klägerin neben privater Probleme auch in Schwierigkeiten im Umgang mit der Schulklasse und den Eltern der Schüler. […]

Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen stellen aber nach Auffassung des Senats im Zeitpunkt der Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses keinen wichtigen Grund dar. Denn vor Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses ist der Arbeitnehmer vorrangig verpflichtet, mit dem Arbeitgeber bei Vorliegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen zunächst eine Lösung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zu finden. 

Zwar ist nicht bekannt, ob und in welchem Umfang die Klägerin diesbezüglich an ihren Arbeitgeber herangetreten ist. Allerdings ergibt sich aus den Protokollen des Personalkreises vom 3. Mai 2012 sowie 24. Mai 2012, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen bekannt waren und Lösungen in Form von Entlastungen und Vertretungsregelungen gesucht wurden

Hierzu gehört auch, dass in der Folge als Lösung die Freistellung ab Herbst mit Urlaubsansprüchen und ab 1. Januar 2013 ein Ruhen des Beschäftigungsverhältnisses angeboten wurde.“

SG Karlsruhe, Urteil vom 30. Juli 2018 – S 11 AL 4346/17 –:

„Ein wichtiger Grund ergibt sich zur Überzeugung der Kammer vorliegend nicht aus den von dem Kläger vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen.[…]

So befindet sich der Kläger einerseits wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen lediglich in ärztlicher Behandlung bei der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. K.. Diese hat in ihrer ärztlichen Stellungnahme (ohne Ausstellungsdatum) ausgeführt, der Kläger leide seit 2012 an einem komplexen Tinnitusleiden, aber auf HNO-ärztlichem Fachgebiet liege keine bedeutsame Einschränkung vor. […]

Der Kläger hat sich entgegen dem Rat der Dr. K. auch nicht bei einem Psychotherapeuten vorgestellt. Vielmehr findet keine fachärztliche Behandlung auf psychiatrischem Fachgebiet statt, was gegen einen entsprechenden Leidensdruck spricht.

Zudem ergibt sich auch anhand der dokumentierten Krankheitszeiten des Klägers (Bl. 45 der Gerichtsakte) kein durchgreifender Anhalt für eine wesentliche Beeinträchtigung, die einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe darstellen könnte. So ist der Kläger ausweislich der Arbeitsunfähigkeitszeitenübersicht der Arbeitgeberin im Jahr 2017 lediglich vier Mal für die Dauer von ein bis drei Tagen arbeitsunfähig erkrankt gewesen (23.01.2017 – 25.01.2017, 06.04.2017 – 07.04.2017, 18.04.2017, 02.05.2017 – 04.05.2017). Eine hohe Anzahl von Fehlzeiten, die als Indiz für die vorgebrachten Gesundheitsbeeinträchtigungen sprechen würde, lässt sich nicht feststellen.“

Abfindung nicht verlieren

Neben der Sperrzeit droht Ihnen ein weiteres Risiko beim Arbeitslosengeld.

Die Abfindung wird unter Umständen auf Ihr ALG angerechnet. Dasselbe gilt, wenn Sie Geld für offenen Resturlaub erhalten. Man spricht in beiden Fällen von der sog. Ruhenszeit.

Mit einer Ruhenszeit müssen Sie allerdings nur rechnen, wenn Sie im Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist nicht einhalten. Gemeint ist, dass Sie ausscheiden, bevor Ihre Kündigungsfrist im Falle einer Kündigung abgelaufen wäre.

6. Krankengeld nach einem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen verringert?

Ja, der Aufhebungsvertrag wegen Krankheit kann sich auf das Krankgeld auswirken, das Sie von Ihrer Versicherung erhalten. Wenn Sie wegen des Aufhebungsvertrages eine Sperrzeit erhalten, ruht in dieser Zeit auch das Krankengeld.

Versorgung nach Aufhebungsvertrag wegen Krankheit

Wie sind Sie nach einem Aufhebungsvertrag wegen Krankheit finanziell versorgt? Folgende Konstellationen können vorkommen:

Wie ist Ihre Situation?Das erhalten Sie nach dem Aufhebungsvertrag
Ihr Arbeitsverhältnis endet und Sie erhalten bereits KrankengeldIn diesem Fall wird das Krankengeld grundsätzlich weitergezahlt. Wurde hingegen eine Sperrzeit von der Arbeitsagentur verhängt, ruht in dieser Zeit auch der Anspruch auf Krankengeld.
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Sie krank und erhalten Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber (Sie sind also noch keine sechs Wochen ausgefallen)Sie erhalten in diesem Fall nach Ihrem Ausscheiden grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung mehr. Etwas Anderes gilt allerdings, wenn der Arbeitgeber Ihnen gerade wegen der Krankheit den Aufhebungsvertrag unterbreitet hat. Dann haben Sie weiter Anspruch auf Entgeltfortzahlung, bis die sechs Wochen abgelaufen sind. In anderen Fällen kommt nur ein Anspruch auf Krankengeld in Betracht.
Ihr Arbeitsverhältnis endet und Sie erhalten in diesem Zeitpunkt weder Krankengeld noch Entgeltfortzahlung (Sie sind gesund bzw. arbeitsfähig)Während des Bezugs von Arbeitslosengeld I erkranken Sie. Nun haben Sie ähnlich dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich bis zu sechs Wochen Anspruch auf Leistungsfortzahlung durch die Arbeitsagentur. Sind Sie länger erkrankt, erhalten Sie grundsätzlich Krankengeld.

Abfindung reduziert Krankengeld nicht

Die meisten Aufhebungsverträge sehen eine Abfindung vor.

Diese Abfindung reduziert Ihr Krankengeld grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Sie „verstecktes Arbeitsentgelt“ erhalten. Das betrifft zum Beispiel Fälle, in denen der Arbeitgeber Ihnen mit der Abfindung bloß rückständigen Arbeitslohn zahlt.

Beispiel: Es steht noch die Auszahlung offenen Lohns aus. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass dies durch Zahlung einer „Abfindung“ ausgeglichen werden soll. Derjenige Betrag, der dem offenen Lohn entspricht, wird auf die Abfindung angerechnet.

7. Resturlaub im Aufhebungsvertrag wegen Krankheit auszahlen lassen

Sie sollten im Aufhebungsvertrag festhalten, dass Ihnen offener Resturlaub ausgezahlt wird.

Sie haben einen Anspruch auf die Auszahlung, wenn Sie Ihren Resturlaub vor Ende des Arbeitsvertrags nicht mehr nehmen können. So ist es meistens, denn schließlich sind Sie ja arbeitsunfähig erkrankt und können deshalb auch keinen Urlaub nehmen.

Ihr Arbeitgeber schuldet Ihnen dann pro Urlaubstag eine „Entschädigung“. Offiziell spricht man von der sog. Urlaubsabgeltung.

Treffen Sie unbedingt eine Regelung zum Resturlaub im Aufhebungsvertrag! Andernfalls verlieren Sie Ihren Anspruch aufgrund einer Ausschlussklausel.

Die Urlaubsabgeltung kann gerade im Rahmen eines Aufhebungsvertrag wegen Krankheit beträchtlich ausfallen. Das hat zwei Gründe:

  • Sie sammeln auch während Ihrer Krankheit weiter Urlaubsansprüche an. Leiden Sie z.B. das gesamte Jahr 2024 an einer Depression und sind Sie deshalb arbeitsunfähig, steht Ihnen für 2024 dennoch der volle Urlaubsanspruch zu (bei einer Fünf-Tage-Woche mind. 20 Tage).
  • Dieser Urlaubsanspruch geht Ihnen so schnell auch nicht verloren. Im Regelfall verfällt der Urlaubsanspruch eines Jahres an Silvester. Anders ist es, wenn Sie den Urlaub wegen Krankheit im laufenden Jahr nicht nehmen konnten. Dieser Resturlaub steht Ihnen dann weitere 15 Monate zur Verfügung. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, aus dem der Urlaub stammt. Nicht genutzten Urlaub aus 2023 können Sie also noch bis Ende März 2025 verwerten. Dies ist insbesondere für Langzeiterkrankte wichtig.

Wie viel Sie für Ihren Resturlaub erhalten, richtet sich grob nach dieser Formel:

(Gesamter Bruttoverdienst der letzten drei Monate x Anzahl Ihrer offenen Urlaubstage)/Anzahl der Arbeitstage in den letzten drei Monaten

Haben Sie in den letzten drei Monaten wegen Krankheit nicht gearbeitet, ist grundsätzlich Ihr Bruttoverdienst aus der Zeit vor Ihrer Arbeitsunfähigkeit maßgeblich. So sieht es jedenfalls das Landesarbeitsgericht Thüringen. Für die Anzahl der Arbeitstage in den letzten drei Monaten kommt es darauf an, wieviel Sie hätten arbeiten müssen, wenn Sie gesund gewesen wären.

Beispiel: Sie sind mehrere Jahre arbeitsunfähig an einer Depression erkrankt. Zuvor hatten Sie 6.000 € brutto pro Monat verdient und fünf Tage die Woche gearbeitet. Ihr Arbeitgeber schlägt Ihnen einen Aufhebungsvertrag wegen Ihrer Depression vor. Ihnen stehen noch 30 offene Urlaubstage zu. Ihre Urlaubsabgeltung berechnet sich – ungefähr – wie folgt:

(18.000 € x 30) / 65 Arbeitstage = 8.307,69 €

Achtung: Diese Erklärungen gelten in erster Linie für den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen/Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche. Darüber hinausgehender Urlaub ist sog. vertraglicher Mehrurlaub. Der Arbeits- oder Tarifvertrag kann ausschließen, dass dieser am Ende des Arbeitsvertrags abgegolten wird.

Beachten Sie außerdem, dass Ihre Urlaubsabgeltung auf Ihr Arbeitslosengeld I angerechnet werden kann. Das können Sie vermeiden, indem Sie Ihren Arbeitsvertrag nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist beenden (s.o. zum Arbeitslosengeld).

Fazit

  • Ein Aufhebungsvertrag wegen Krankheit kann sinnvoll sein, wenn Ihr Krankengeld bald ausläuft oder der Arbeitgeber eine schnelle Trennung möchte.
  • Bei guter Verhandlung der Abfindung mit einem Anwalt für Arbeitsrecht haben Sie Chancen auf eine attraktive Summe.
  • Der Aufhebungsvertrag wegen Krankheit birgt aber auch Risiken: Es droht eine Sperrzeit bei Arbeitslosen- und Krankengeld. Außerdem können Sie den einmal unterzeichneten Aufhebungsvertrag in aller Regel nicht mehr rückgängig machen.
  • Eine Abfindung wird nur auf das Krankengeld angerechnet, wenn die Zahlung noch offene Lohnansprüche ausgleicht.
  • Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen und in jedem Fall einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate ziehen.

Wir beraten Sie.

Rechtsanwalt Georg Gradl ist Experte für Aufhebungsverträge und erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schreiben Sie uns gerne Ihre Fragen per E-Mail oder rufen Sie uns an.

Eine kompetente Erstberatung, die auch die Prüfung Ihrer Unterlagen beinhaltet, bieten wir Ihnen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 250,00 € zzgl. USt. an.

Wenn Sie uns nach einer Erstberatung mit der Übernahme Ihres Falles beauftragen möchten, besprechen wir mit Ihnen vor der Mandatierung selbstverständlich die zu erwartenden weiteren Kosten und die Möglichkeiten einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch den Arbeitgeber.

Portrait Georg Gradl, Ihr Anwalt für Arbeitsrecht - ADVOLAW Starnberg

Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
Georg Gradl Signatur
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