Abfindung im Aufhebungsvertrag – Höhe, Steuer, ALG

Maximale Abfindung bei Aufhebungsvertrag - Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Georg Gradl, Starnberg, ADVOLAW
Foto: FreshSplash on iStock

Ihnen liegt ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung vor? Das erste Angebot des Arbeitgebers ist meistens zu niedrig. Hier erfahren Sie vom Anwalt für Abfindungen, ob Sie eine höhere Abfindung erzielen können.

Abfindung im Aufhebungsvertrag

  • Ein Aufhebungsvertrag beendet Ihr Arbeitsverhältnis. Sie müssen nicht zustimmen. Unterschreiben Sie erst, wenn die Abfindung hoch genug ist.
  • Die Höhe der Abfindung können Sie verhandeln. Der Arbeitgeber bietet oft ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr an. Meistens ist mehr möglich.
  • Die Abfindung reduziert Ihr Arbeitslosengeld meistens nicht. Sie ist aber nicht steuerfrei.

Inhalt

  1. Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag
  2. Maximale Abfindung im Aufhebungsvertrag erzielen – so geht’s
  3. Verringert sich das Arbeitslosengeld wegen der Abfindung?
  4. Fallen Sozialabgaben auf die Abfindung an?
  5. Ist die Abfindung im Aufhebungsvertrag steuerfrei? 
  6. Fazit 

1. Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag

Die Höhe der Abfindung müssen Sie aushandeln. Arbeitgeber bieten in den meisten Fällen eine Abfindung nach der sog. Standardformel an. Oft können Sie weit höhere Beträge aushandeln.

Die Standardformel für die Höhe der Abfindung lautet: 0,5 Bruttomonatsgehälter x Anzahl der Beschäftigungsjahre im Unternehmen

Das ergibt folgende Abfindungshöhe:

Wichtig: Oft ist eine höhere Abfindung möglich.

Die Werte in der Tabelle sind allenfalls eine erste grobe Orientierung. In den meisten Fällen lässt der Arbeitgeber sich auf einen höheren Betrag ein, als er im ersten Entwurf anbietet.

Um die maximale Abfindung im Aufhebungsvertrag zu erzielen, sollten Sie also verhandeln. Das kann sich lohnen, wie unser Fall zeigt:

Abfindung 7x höher als Standardformel

Unser Mandant war erst seit einem Jahr bei seinem Arbeitgeber als Leiter des Vertriebs beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt betrug ca. 20.000,00 €. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis ohne tragbaren Grund gekündigt.

Zunächst bot der Arbeitgeber nur eine Abfindung nach der o.g. Berechnung an.

Nachdem wir Klage beim Arbeitsgericht eingereicht hatten, konnte wir mit dem Arbeitgeber in der Güteverhandlung einen Vergleich aushandeln. Darin verpflichtete sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 70.000,00 €.

Dieser Betrag liegt exorbitant über dem Durchschnitt vergleichbarer Fälle. Bei Anwendung der oben erwähnten „Faustformel“ hätte die Abfindung 10.000,00 € betragen. Der Arbeitgeber sah sich allerdings gezwungen, den Vergleich zu akzeptieren. Er hatte schließlich ein sehr hohes Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Unser Mandant verfügte hingegen über eine ausgezeichnete „beste Alternative“ , nämlich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Für den Arbeitgeber wäre dies deutlich teurer als die hohe Abfindung geworden.

2. Maximale Abfindung im Aufhebungsvertrag erzielen – so geht’s

Um die maximal denkbare Abfindung im Aufhebungsvertrag zu erzielen, sollten Sie auf Ihren Arbeitgeber zugehen.

Machen Sie ihm dabei Folgendes deutlich:

Gute Chancen auf die maximale Abfindung haben Sie, wenn der Arbeitgeber Ihnen nicht kündigen darf. Die Kündigung ist nämlich seine einzige Alternative, um sich von Ihnen zu trennen. Wenn sie ausgeschlossen ist, bleibt dem Arbeitgeber nur der Aufhebungsvertrag. Der Arbeitgeber ist dann auf Ihre Zustimmung angewiesen. Machen Sie diese von einer hohen Abfindung abhängig!

Diese Gründe können dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht rechtssicher kündigen kann. Er wird dann im Aufhebungsvertrag zu einer hohen Abfindung bereit sein:

  • Der Arbeitgeber muss vorrangig die Stellen von jungen und neuen Mitarbeitern ohne Unterhaltspflichten abbauen. Davon profitieren Mitarbeiter mit vergleichbaren Aufgaben, die schon lange für das Unternehmen arbeiten und Familie haben.
  • Wenn im Unternehmen Stellen frei sind, auf die Sie wechseln könnten, ist eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen.

Bevor der Arbeitgeber Ihnen wegen eines Verhaltensvorwurfs kündigen darf, muss er Sie in aller Regel (mehrfach) abmahnen. Eine Kündigung ist grundsätzlich erst möglich, wenn Sie erneut in ähnlicher Weise gegen Ihre Pflichten verstoßen.

Eine Kündigung wegen Krankheit kommt nur in Betracht, wenn Sie in der Zukunft häufig oder lange ausfallen werden. Zur Abfindung im Aufhebungsvertrag wegen Krankheit haben wir einen eigenen Beitrag erstellt.

Der Kündigungsschutz von Schwerbehinderten, Betriebsräten, Eltern in Elternzeit, Schwangeren und einigen weiteren Personengruppen ist besonders gut. Hier fallen dem Arbeitgeber Kündigungen noch schwerer. Dementsprechend hoch sollte die Abfindung z.B. im Aufhebungsvertrag mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer ausfallen.  

Befristete Verträge von Geschäftsführern lassen sich kaum vorzeitig kündigen. In einem Aufhebungsvertrag für Geschäftsführer sollte deshalb zumindest die Vergütung für die Restlaufzeit ausgezahlt werden. 

Langjährige Angestellte im öffentlichen Dienst genießen ebenfalls hohen Kündigungsschutz. Auch der Aufhebungsvertrag im öffentlichen Dienst sollte deshalb eine Abfindung enthalten.

Lassen Sie sich nicht davon beeindrucken, dass der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht. Auch nach einer Kündigung haben Sie gute Chancen, eine Abfindung durchzusetzen. Sie sollten das Vorgehen aber mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht absprechen. Im verlinkten Beitrag erfahren Sie mehr zu den Vor- und Nachteilen eines Aufhebungsvertrags in Ihrem Fall.

Expertentipp: In einigen Fällen lässt sich die Abfindung weiter aufstocken, indem Sie eine sog. Sprinterklausel vereinbaren. Sie erhalten dann einen höheren Betrag, wenn Sie den Arbeitsplatz noch vor dem eigentlich vereinbarten Datum aufgeben. Das bietet sich an, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine neue Stelle gefunden haben. Der Arbeitgeber spart so Sozialbeiträge und Gehaltszahlungen. Einen Teil dieser Ersparnis geht in Form einer erhöhten Abfindung an Sie.  

Sie benötigen eine individuelle Beratung zu Ihrem Fall?

Ausführliche Informationen über die Kosten einer anwaltlichen Vertretung erhalten Sie hier:

3. Verringert sich das Arbeitslosengeld wegen der Abfindung?

Nein, in aller Regel verringert Ihre Abfindung das Arbeitslosengeld nicht.

Beachten Sie aber zwei wichtige Ausnahmen:

Risiko einer Sperrzeit bei hoher Abfindung

Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abschließen, verhängt die Arbeitsagentur oft eine Sperrzeit von meist 12 Wochen. In dieser Zeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld.

Davon gibt es einige Ausnahmen. Wenn Ihnen z.B. eine Kündigung angedroht wurde, können Sie den Aufhebungsvertrag ohne Risiko einer Sperrzeit unterschreiben. Das gilt aber nur, wenn die angedrohte Kündigung rechtmäßig gewesen wäre. Das lässt sich im Vorhinein schwer sagen.

Wenn Ihre Abfindung allerdings der o.g. Standardformel entspricht oder geringer ausfällt, geht die Arbeitsagentur davon aus, dass die Kündigung rechtmäßig gewesen wäre.

Dennoch: Auch mit einer höheren Abfindung können Sie eine Sperrzeit oft vermeiden. Wie das gelingt, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Arbeitslosengeld nach einem Aufhebungsvertrag.

Weniger ALG bei kurzfristigem Ausstieg

Ihre Abfindung kann de facto mit Ihrem Arbeitslosengeld verrechnet werden. Das droht Ihnen aber nur, wenn Sie im Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist nicht einhalten. Sie müssen dann mit einer sog. Ruhenszeit rechnen. 

Beispiel: Angenommen, Ihre Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende (Ihre tatsächliche Kündigungsfrist entnehmen Sie dem Arbeits-/Tarifvertrag oder nachrangig § 622 BGB). Am 4.5. unterschreiben Sie einen Aufhebungsvertrag. Hätte Ihnen der Arbeitgeber an diesem Tag gekündigt, wären Sie erst Ende August aus dem Unternehmen ausgeschieden. Vereinbaren Sie im Aufhebungsvertrag ein Ausstiegsdatum vor dem 31.8., verhängt die Arbeitsagentur grundsätzlich eine sog. Ruhenszeit. 

Diese Ruhenszeit hat zur Folge, dass Sie erst später Arbeitslosengeld erhalten. Grundsätzlich steht Ihnen die Leistung erst ab dem Zeitpunkt zu, in dem Ihre Kündigungsfrist abgelaufen ist (im Beispiel der 1.9.). Allerdings müssen Sie auf maximal 60% Ihres Abfindungsbetrags verzichten. Die Ruhenszeit kann daher auch kürzer sein.

Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag zur Kündigungsfrist im Aufhebungsvertrag.

4. Fallen Sozialabgaben auf die Abfindung an?

Nein, in aller Regel ist die Abfindung sozialversicherungsfrei. 

Das gilt allerdings nicht für sog. „unechte Abfindungen“. Dabei handelt es sich um einmalig ausgezahlte Beträge, die nicht als Entlassungsentschädigung zu verstehen sind, sondern offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ausgleichen. Klassische Fälle sind: 

  • Auszahlung offenen Lohns
  • Abgeltung von Resturlaub
  • Überstundenvergütung

Auf diese Zahlungen sind Sozialbeiträge zu leisten. 

Außerdem haben Sie die Möglichkeit, Ihre Abfindung freiwillig in die Rentenversicherung einzuzahlen. Damit reduzieren Sie unter Umständen Rentenkürzungen, wenn Sie vor dem eigentlichen Eintrittsalter in den Ruhestand wechseln möchten. Zudem nutzen Sie eventuell steuerliche Vorteile. 

5. Ist die Abfindung im Aufhebungsvertrag steuerfrei? 

Nein, die Abfindung aus einem Aufhebungsvertrag ist nicht steuerfrei.

Sofern Sie nicht ohnehin dem höchsten Steuersatz unterliegen, führt die hohe Einmalzahlung oft zu einem Anstieg des Steuersatzes. Sie haben dann auf die Abfindung deutlich mehr Steuern zu zahlen als auf den übrigen Lohn. 

Diesen Effekt glätten Sie weitestgehend aus, indem Sie die sog. Fünftelregelung in Ihrer Steuererklärung beantragen. Danach wird Ihre Abfindung so besteuert, als sei sie gestreckt über fünf Jahre ausgezahlt worden. 

Rechenvorgang:

  1. Die Steuerlast für den regulären Lohn wird errechnet.  
  2. Die Steuerlast für den regulären Lohn + 1/5 der Abfindung wird errechnet.
  3. Nun ist die Differenz zwischen diesen beiden Steuerlasten zu bilden. 
  4. Dieser Betrag wird mit fünf multipliziert. So ergibt sich die Steuerlast für die Abfindung. 

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Fünftelregelung ist, dass die Abfindung innerhalb eines Kalenderjahres ausgezahlt wird. 

6. Fazit

  • Die Abfindung im Aufhebungsvertrag ist Verhandlungssache. Je schwerer der Arbeitgeber kündigen kann, desto höher sollte der Betrag ausfallen. 
  • Um einen möglichst hohen Betrag zu erzielen, sollten Sie dem Arbeitgeber verdeutlichen, warum eine Kündigung nicht möglich und er auf Ihre Zustimmung angewiesen ist. Überlassen Sie dies einem erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht.
  • Die Abfindung verringert Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld nur, wenn Ihr Arbeitsvertrag endet, bevor dies im Zuge einer Kündigung möglich wäre. Allerdings droht nach einem Aufhebungsvertrag oft eine sog. Sperrzeit.
  • Die Abfindung ist sozialversicherungsfrei. Sie ist allerdings zu versteuern. Die Fünftelregelung reduziert dabei Ihre Steuerlast. 

Wir beraten Sie.

Rechtsanwalt Georg Gradl ist Experte für Aufhebungsverträge und erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schreiben Sie uns gerne Ihre Fragen per E-Mail oder rufen Sie uns an.

Eine kompetente Erstberatung, die auch die Prüfung Ihrer Unterlagen beinhaltet, bieten wir Ihnen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 250,00 € zzgl. USt. an.

Wenn Sie uns nach einer Erstberatung mit der Übernahme Ihres Falles beauftragen möchten, besprechen wir mit Ihnen vor der Mandatierung selbstverständlich die zu erwartenden weiteren Kosten und die Möglichkeiten einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch den Arbeitgeber.

Portrait Georg Gradl, Ihr Anwalt für Arbeitsrecht - ADVOLAW Starnberg

Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
Georg Gradl Signatur
Google Reviews

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von TrustIndex. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

War dieser Beitrag für Sie hilfreich?

+49 (0) 8151 268 59 38