Sprinterklausel: Abfindung erhöhen im Aufhebungsvertrag

Junge Frau am Notebook - Sprinterklausel Aufhebungsvertrag - Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Georg Gradl, Starnberg, ADVOLAW
Foto: Maria Markevich on Shutterstock

Die Sprinterklausel ermöglicht einen flexiblen Jobwechsel und verspricht eine hohe Abfindung. Hier erfahren Sie vom Anwalt für Abfindungen, was Arbeitnehmer bei der Turboklausel beachten müssen.

Inhalt

  1. Was ist eine Sprinterklausel bzw. Turboklausel?
  2. Wie hoch ist die zusätzliche Abfindung?
  3. Sprinterklausel richtig ausüben – Muster & Tipps
  4. Reduziert die Sprinterklausel das Arbeitslosengeld?
  5. Sprinterprämie richtig versteuern
  6. Sprinterprämie und Transfergesellschaft
  7. Muster einer Sprinterklausel
  8. Fazit

1. Was ist eine Sprinterklausel bzw. Turboklausel?

Turbo- und Sprinterklausel spielen im Aufhebungsvertrag und nach einer Kündigung eine große Rolle. Die Begriffe meinen dasselbe.

Kurz gesagt: Eine Sprinterklausel steigert die Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag, wenn Sie das Unternehmen früher verlassen als vorgesehen.

Beispiel: Sie haben einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen oder der Arbeitgeber hat Ihnen gekündigt. Ihr Arbeitsvertrag wird deshalb zum 31.7. enden. Mit einer Sprinterklausel erhalten Sie eine höhere Abfindung, wenn Sie das Unternehmen freiwillig schon vor dem 31.7. verlassen.

Die Vereinbarung einer Turboklausel hat also zwei Vorteile für Sie:

  • Sie können flexibel eine neue Stelle antreten.
  • Ihre Abfindung erhöht sich.

Für den Arbeitgeber hat die Sprinterklausel den Vorteil, dass er Sozialbeiträge spart.

2. Wie hoch ist die zusätzliche Abfindung?

Meistens setzt sich die Abfindung bei Aufhebungsverträgen mit Sprinterklausel so zusammen:

  • Der Grundbetrag für die Abfindung: Sie erhalten einen bestimmten Abfindungsbetrag – auch, wenn Sie den Betrieb nicht mittels Sprinterklausel früher verlassen.
  • Die Sprinterprämie: Ihnen steht zusätzlich ein fester Betrag für jeden Monat zu, den Sie das Unternehmen früher als geplant verlassen.

Aus Sicht des Arbeitnehmers sollte für die Sprinterprämie ein volles Monatsgehalt angesetzt werden. Teilweise versuchen Arbeitgeber, diesen Betrag auf ein halbes Monatsgehalt zu reduzieren. Hier kommt es – wie auch bei der Abfindungshöhe selbst – auf Verhandlungsgeschick an.

Beispiel: Herr X und sein Arbeitgeber Y schließen einen Aufhebungsvertrag. Das Arbeitsverhältnis von Herrn X soll drei Monate nach Abschluss des Vertrags enden. Seine Abfindung beträgt 2.000 €. Zusätzlich enthält der Vertrag eine Sprinterklausel, wonach Herrn X ein volles Monatsgehalt für jeden Monat zusteht, der er den Betrieb früher verlässt. Herr X findet schon nach einem Monat eine neue Stelle. Für die restlichen zwei Monate stehen ihm zwei volle Monatsgehälter zu (neben der vereinbarten Abfindung). 

Unten finden Sie ein Muster einer Sprinterklausel.

3. Sprinterklausel richtig ausüben – Muster & Tipps

Sie können die Sprinterklausel mit unserem Muster in Anspruch nehmen. Sie ersetzt keine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Muster

Sehr geehrte Damen und Herren,

in unserem Aufhebungsvertrag ist unter Ziffer [X] eine Sprinterklausel vereinbart. Diese nehme ich hiermit in Anspruch. Ich erkläre, zum [X] aus dem Unternehmen auszuscheiden. Die Abfindung erhöht sich nach meiner Berechnung somit um [X].

Mit freundlichen Grüßen

[Persönliche Unterschrift]

Achten Sie dabei auf diese Tipps:

Neue Stelle absichern

Nehmen Sie die Turboklausel nur in Anspruch, wenn Ihre neue Stelle sicher ist. Sollte der neue Vertrag doch nicht zustande kommen, erhalten Sie zwar die erhöhte Abfindung. Diese kann aber – je nach Vereinbarung – geringer sein, als das eigentliche Gehalt für die restliche Vertragszeit.

Außerdem ergeben sich in diesem Fall Probleme mit dem Arbeitslosengeld.

Form & Frist einhalten

Sie müssen bestimmte Formvorgaben einhalten:

  • Die Sprinterklausel ist zwingend in Schriftform auszuüben. Schriftlich heißt auf Papier und mit Unterschrift. Das bedeutet, ein Anruf beim Chef, ein Fax, eine SMS oder eine E-Mail reichen nicht aus! So hat es das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 17.12.2015, 6 AZR 709/14).
  • Sie müssen sich in aller Regel an eine Frist aus dem Aufhebungsvertrag halten. Meistens ist die er zwei Wochen vor gewünschtem Ende des Arbeitsverhältnisses die schriftliche Erklärung abgeben.

Wenn Sie die Formvorgaben missachten, ist die Ausübung der Sprinterklausel unwirksam. Im schlimmsten Fall kann der Arbeitgeber dann auf der Unwirksamkeit beharren und Sie am Vertrag festhalten.

Beispiel: Frau A und ihre Arbeitgeberin B haben einen Aufhebungsvertrag mit Sprinterklausel vereinbart. A erklärt ihrer Arbeitgeberin per E-Mail, dass sie die Sprinterklausel in Anspruch nehmen möchte. Ohne die Reaktion der B abzuwarten, unterschreibt Frau A ihren neuen Arbeitsvertrag und erscheint auch auf wiederholte Nachfrage nicht mehr bei B. Ihre Arbeitgeberin B kündigt der A daraufhin fristlos. Zu Recht?

A hat die Sprinterklausel nicht wirksam ausgeübt und ist daher immer noch zur Arbeit für B verpflichtet. Ihre beharrliche Arbeitsverweigerung berechtigt ihre Arbeitgeberin daher mitunter zur fristlosen Kündigung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Juni 2018 – 2 AZR 436/17). Mit der Kündigung verliert Frau A jedenfalls ihren Anspruch auf die Sprinterprämie, ggf. sogar die ganze Abfindung.


Arbeitnehmer sollten daher keinesfalls voreilig handeln und sich im Zweifelsfall von einem Rechtsanwalt für Aufhebungsverträge beraten lassen.

Sie benötigen eine individuelle Beratung zu Ihrem Fall?

Ausführliche Informationen über die Kosten einer anwaltlichen Vertretung erhalten Sie hier:

4. Reduziert die Sprinterklausel das Arbeitslosengeld?

Ja, dazu kann es kommen. Natürlich ist der Fall für Sie nur relevant, wenn Sie tatsächlich auf Arbeitslosengeld angewiesen sind.

Die Agentur für Arbeit kann unter Umständen das Ruhen des Arbeitslosengelds anordnen. Dann werden bis zu 60% der Abfindung auf das ALG I angerechnet. So sieht es § 158 SGB III vor.

Diese Gefahr besteht allerdings nur, wenn der Zeitraum zwischen Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags und Ihrem letzten Arbeitstag kürzer als die gesetzliche Kündigungsfrist ist.

Beispiel: Herr M und sein Arbeitgeber C vereinbaren einen Aufhebungsvertrag mit Sprinterklausel. Laut Aufhebungsvertrag endet das Arbeitsverhältnis entsprechend der gesetzlichen Kündigungsfrist in zwei Monaten. M nimmt die Sprinterklausel in Anspruch und verlässt den Betrieb schon einen Monat nach der Unterzeichnung, ohne eine Anschlussbeschäftigung zu haben. Hier wird die Arbeitsagentur das Ruhen des Arbeitslosengelds anordnen.

Hier finden Sie mehr dazu, warum Sie die Kündigungsfrist im Aufhebungsvertrag wahren sollten. Allgemeinere Infos zum Arbeitslosengeld nach einem Aufhebungsvertrag haben wir ebenfalls für Sie zusammengestellt.

5. Sprinterprämie richtig versteuern

Bei der Besteuerung ist zwischen „normaler“ Abfindung, also dem Grundbetrag, und der Sprinterprämie zu unterscheiden. Beide Beträge müssen versteuert werden, beim Steuersatz können sich aber Unterschiede ergeben.

Auf den Grundbetrag der Abfindung kann die sogenannte Fünftelregelung angewendet werden. Für die Sprinterprämie ist dies umstritten, s.u.

Die Fünftelregelung

Die Abfindung wird so behandelt, als sei sie über fünf Jahre ausgezahlt worden. Im Einzelnen funktioniert die Rechnung wie folgt:

  • Auf das reguläre Jahreseinkommen wird ein Fünftel der Abfindung aufgerechnet.
  • Dann wird errechnet, wie viel mehr Steuern durch das Fünftel anfallen. Dazu wird die Steuerlast ohne das Fünftel von der Steuerlast mit dem Fünftel abgezogen.
  • Diese Differenz wird dann wieder verfünffacht.

Diese Regelung ist für die meisten Arbeitnehmer finanziell vorteilhaft, da so ein geringerer Steuersatz zur Anwendung kommt.

Ob die Fünftelregelung auch auf die Sprinterprämie angewendet werden kann, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Manche Gerichte haben dieses Vorgehen abgelehnt (so etwa Hessisches Finanzgericht, Gerichtsbescheid v. 31.5.2021 – 10 K 1597/20). Es gibt aber auch Entscheidungen, in denen die Fünftelregelung für zulässig erachtet wurde (so etwa Finanzgericht Niedersachsen, Urteil v. 8.2.2018 – 1 K 279/17).

Für die steuerliche Beurteilung kann es jedenfalls von Vorteil sein, wenn der Arbeitgeber im Aufhebungsvertrag deutlich macht, dass die Sprinterklausel in seinem Sinne ist.

Übrigens: Sozialversicherungsbeiträge fallen grundsätzlich weder auf die Abfindung noch auf die Sprinterprämie an.

6. Sprinterprämie und Transfergesellschaft

Auch beim Wechsel in eine Transfergesellschaft wird oft eine Sprinterklausel vereinbart.

Die Transfergesellschaft soll Sie weiterqualifizieren und Ihnen bei der Stellensuche helfen.

Der Arbeitgeber will, dass Sie so kurz wie möglich in der Transfergesellschaft verbleiben. Die Verträge mit Transfergesellschaften enthalten daher besonders oft Sprinterklauseln, um Arbeitnehmer zu motivieren, sich möglichst schnell einen neuen Arbeitgeber zu suchen.

Wenn Sie vor Ende der Laufzeit der Transfergesellschaft eine neue Stelle finden, erhalten sie für die Restzeit meistens einen anteiligen Betrag vom Transferkurzarbeitergeld, z.B. 30 %.

7. Muster einer Sprinterklausel

Eine Sprinterklausel kann etwa wie folgt formuliert sein:

Muster

Die Firma ist daran interessiert, das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter sobald als möglich zu beenden. Sie bietet daher dem Mitarbeiter an, das Arbeitsverhältnis bereits vor dem (xx.xx.2024) mit einer Frist von zwei Wochen zum Ende eines jeden Kalendermonats vorzeitig zu beenden.

Hierzu ist erforderlich, dass der Mitarbeiter der Firma eine schriftliche Beendigungsmitteilung übermittelt.

Für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt die Firma an den Mitarbeiter in Erhöhung der Abfindung aus Ziffer X dieser Vereinbarung einen weiteren Betrag, der sich rechnerisch aus den monatlichen Bruttovergütungen (Grundvergütung, Abschlagszahlung Bonus, geldwerter Vorteil PKW) für den Zeitraum zwischen dem neuen Beendigungszeitpunkt und dem xx.xx.2024 ergibt. Die gesamte Abfindung ist in diesem Fall, entgegen der Fälligkeitsregelung aus Ziffer X dieser Vereinbarung, im Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung zur Zahlung fällig.

Selbstverständlich ersetzt diese Klausel keine Rechtsberatung im Einzelfall.

Fazit

  • Die Sprinterklausel verspricht eine höhere Abfindung, wenn der Arbeitnehmer den Betrieb vorzeitig verlässt.
  • Der Arbeitnehmer sollte die Klausel nur anwenden, wenn er eine Anschlussbeschäftigung hat. Ansonsten droht eine Sperre oder das Ruhen des Arbeitslosengeldes.
  • Die Sprinterklausel muss schriftlich und innerhalb einer gewissen Frist ausgeübt werden.
  • Sprinterprämie und Abfindung sind zu versteuern. Ob für die Sprinterprämie ebenfalls die Fünftelregelung anwendbar ist, ist nicht abschließend geklärt.
  • Transfergesellschaften bieten gerne Sprinterprämien an, da sie auf die Abwicklung der Arbeitsverhältnisse gerichtet sind.

Wir beraten Sie.

Rechtsanwalt Georg Gradl ist Experte für Aufhebungsverträge und erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schreiben Sie uns gerne Ihre Fragen per E-Mail oder rufen Sie uns an.

Eine kompetente Erstberatung, die auch die Prüfung Ihrer Unterlagen beinhaltet, bieten wir Ihnen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 250,00 € zzgl. USt. an.

Wenn Sie uns nach einer Erstberatung mit der Übernahme Ihres Falles beauftragen möchten, besprechen wir mit Ihnen vor der Mandatierung selbstverständlich die zu erwartenden weiteren Kosten und die Möglichkeiten einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch den Arbeitgeber.

Portrait Georg Gradl, Ihr Anwalt für Arbeitsrecht - ADVOLAW Starnberg

Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
Georg Gradl Signatur
Google Reviews

War dieser Beitrag für Sie hilfreich?