Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig vorgelegt 

Wenn sich ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer trennen möchte, legt er häufig einen Aufhebungsvertrag gleichzeitig mit einer Kündigung vor. Die Botschaft lautet dann: „Wenn Sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben, werden Sie gekündigt!“

In diesem Beitrag erklärt Ihnen Herr Gradl, wie Sie sich als Arbeitnehmer am besten verhalten, wenn Ihnen im Personalgespräch ein Aufhebungsvertrag und eine Kündigung gleichzeitig vorgelegt werden. Herr Gradl ist erfahrener Anwalt für Aufhebungsverträge.

  1. Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig erhalten – was tun?
  2. Welche Risiken sind mit einem Aufhebungsvertrag verbunden? 
  3. Welche Folgen drohen, wenn ich nicht unterschreibe?
  4. Darf der Arbeitgeber Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig vorlegen?
  5. Aufhebungsvertrag wegen Drohung wieder rückgängig machen?
  6. Fazit 

1. Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig erhalten – was tun?

Ihr Arbeitgeber droht Ihnen mit einer Kündigung, wenn Sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben? Vorsicht vor zu schnellem Handeln! Beachten Sie diese Tipps: 

Aufhebungsverträge sind freiwillig

Der Aufhebungsvertrag ist freiwillig. Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht zur Unterschrift zwingen. 

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Häufig fühlen sich Mandanten überrumpelt und lassen sich von einer vermeintlich hohen Abfindung im Aufhebungsvertrag blenden. Viele Arbeitnehmer scheuen auch den Konflikt mit ihrem Arbeitgeber und stimmen einem Aufhebungsvertrag zu, nur um einen Streit aus dem Weg zu gehen. Die vermeintlich einfache Lösung ist aber selten die beste. Denn meist bringt ein Aufhebungsvertrag auch Nachteile mit sich, die erst auf einen zweiten Blick erkennbar sind. Darauf gehen wir weiter unten ein.

Unterschreiben Sie daher nicht sofort. Lassen Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten, der den Aufhebungsvertrag prüft. So vermeiden Sie Risiken. Denn ein einmal geschlossener Aufhebungsvertrag ist nur schwer rückgängig zu machen. 

Abfindung nicht nur im Aufhebungsvertrag

Auch nach einer Kündigung können Sie oft mit einer Abfindung rechnen. Der Aufhebungsvertrag ist nicht der einzige Weg, um eine Abfindungszahlung zu erreichen. 

2. Welche Risiken sind mit einem Aufhebungsvertrag verbunden? 

Trotz der häufig versprochenen Abfindung bringt ein Aufhebungsvertrag auch Risiken mit sich. Diese sollten Sie kennen, bevor Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. 

Kein Kündigungsschutz nach Aufhebungsvertrag 

Nach einem Aufhebungsvertrag steht Ihnen anders als bei der Kündigung kein gesetzlicher Schutz zu. Das heißt, Sie können keine Kündigungsschutzklage erheben. Ihr Aufhebungsvertrag ist somit meist nicht mehr rückgängig zu machen. 

Risiken beim Arbeitslosengeld

Im Aufhebungsvertrag stimmen Sie selbst der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses zu. Deshalb geht die Agentur für Arbeit davon aus, dass Sie Ihren Arbeitsplatz freiwillig aufgegeben haben. Das hat meist eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld zur Folge. In der Regel beträgt die Sperrzeit 12 Wochen. In dieser Zeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld. Die Zeit wird auch nicht angehängt, sodass Sie insgesamt weniger Arbeitslosengeld erhalten. 

Hier erfahren Sie mehr zur Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Möglicherweise ruht Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wenn Sie im Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist nicht einhalten. Gemeint ist, dass die Zeit zwischen der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags und Ihrem letzten Arbeitstag kürzer als Ihre Kündigungsfrist ist. Ihre Abfindung wird dann ggf. auf das Arbeitslosengeld angerechnet. 

Sie verzichten ungewollt auf Ansprüche

Im Aufhebungsvertrag versteckt sich oft eine sogenannte Abgeltungsklauseln. Das führt dazu, dass Sie mit Ihrer Unterschrift erklären, keine Ansprüche mehr gegen den Arbeitgeber zu haben. So geht Ihnen bares Geld verloren, etwa wegen

  • unbezahlter Überstunden, 
  • nicht genutzter Urlaubstage oder
  • Bonuszahlungen.

Hier erfahren Sie mehr dazu, wie Sie offenen Resturlaub im Aufhebungsvertrag verwerten.

Keine Anhörung des Betriebsrats

Zudem steht Ihnen bei einer Kündigung noch der Betriebsrat zur Seite, der vor Ihrer Kündigung angehört werden muss. Das ist beim Aufhebungsvertrag nicht der Fall. 

Hier erfahren Sie mehr dazu, ob eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag die bessere Wahl ist. 

3. Welche Folgen drohen, wenn ich nicht unterschreibe?

Wenn Sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben, wird Ihr Arbeitgeber wahrscheinlich seine Drohung in die Tat umsetzen und Ihnen kündigen. 

Damit verschenken Sie in vielen Fällen nichts. Im Rahmen einer Kündigung können Sie ebenfalls oft eine Abfindung durchsetzen. Sie können nämlich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage vorgehen. In diesem Verfahren bieten viele Arbeitgeber doch noch eine Abfindung an. Das hat folgenden Hintergrund: 

Da Kündigungen häufig fehleranfällig sind, stellt ein Prozess für Ihren Arbeitgeber ein hohes Kostenrisiko dar. Wenn er vor Gericht verliert, muss er Ihnen in der Regel für die gesamte Prozessdauer die Vergütung nachbezahlen und Sie wiedereinstellen. Wenn Sie selbst nicht mehr an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten, kommt deshalb ein sog. gerichtlicher Vergleich in Betracht (= Einigung vor Gericht). Sie akzeptieren darin die Kündigung. Ihr Arbeitgeber zahlt im Gegenzug eine Abfindung, deren Höhe Sie aushandeln. 

Da Ihr Arbeitgeber vor Gericht meist unter großem Druck steht, ist er hier gelegentlich sogar zu einer höheren Abfindung bereit als noch im Aufhebungsvertrag. 

Doch Vorsicht: Sie haben nur drei Wochen Zeit zur Klageerhebung. Wenn Sie die Frist versäumen, wird Ihre Kündigung nahezu unwiederbringlich wirksam und eine Abfindung wird unrealistisch. Ihnen bleibt sogar noch weniger Zeit (nur wenige Tage), wenn Sie die Kündigung wegen mangelnder Vollmacht des Unterzeichners zurückzuweisen möchten.

Sie benötigen eine individuelle Beratung zu Ihrem Fall?

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4. Darf der Arbeitgeber Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig vorlegen?

Diese Frage werden Sie sich stellen, wenn Sie den Aufhebungsvertrag wegen der gleichzeitig vorgelegten Kündigung bereits unterschrieben haben. 

Ob der Arbeitgeber Aufhebungsvertrag und Kündigung gleichzeitig vorlegen durfte, kommt auf den Einzelfall an: 

Grundlegendes

Nach der Rechtsprechung ist die Drohung mit einer Kündigung nur zulässig, wenn Ihr Arbeitgeber im konkreten Fall eine Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen durfte. Sie ist widerrechtlich, wenn Ihr Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass die angedrohte Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird. 

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kündigungsschutzklage tatsächlich Erfolg gehabt hätte. Sie wird aber widerrechtlich sein, wenn Ihr Arbeitgeber überhaupt keine Anhaltspunkte für eine mögliche Kündigung hat. 

Die Drohung muss nicht direkt ausgesprochen werden, sondern kann sich auch aus den Umständen des Einzelfalls konkludent ergeben.

Urteile & Beispiele

Widerrechtlich ist eine Drohung mit einer Kündigung, wenn wegen Fristablaufs keine Kündigung mehr hätte erklärt werden können (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 31.03.2021, 23 Sa 1381/20). 

Droht Ihr Arbeitgeber Ihnen mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung, darf er dies in aller Regel nur, wenn er Sie zuvor abgemahnt hat. 

Auch die Aussage des Arbeitgebers, dass der Betriebsrat zu einer außerordentlichen Kündigung angehört werden soll, kann als Drohung mit einer Kündigung verstanden werden (ArbG Eisenach, Urt. v. 17.04.2008, 5 Ca 1581/07). 

Für die Widerrechtlichkeit der Drohung ist es unerheblich, wenn die Drohung durch einen Mitarbeiter erfolgt, der eigentlich gar nicht zur Kündigung berechtigt ist (BAG, Urt. v. 15.12.2005, 6 AZR 197/05). 

Eine widerrechtliche Drohung wurde aber verneint, wenn erhebliche Pflichtverletzungen wie etwa die Begehung einer Straftat im Raum stehen und somit eine fristlose Kündigung möglich erscheint (BAG, Urt. v. 24.02.2022, 6 AZR 333/21). 

Eine solche Kündigung und somit auch die Drohung ist auch dann nicht widerrechtlich, wenn der Arbeitnehmer ein falsches COVID-19 Impfzertifikat vorlegt, um sich unbefugten Zutritt zum Arbeitsplatz zu verschaffen oder tarifliche Impfprämien zu erschleichen (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.07.2023, 5 Sa 318/22). 

Ebenso entscheidend ist die zeitliche Reihenfolge von Kündigung und Angebot des Aufhebungsvertrags. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen im Kündigungsgespräch eine Kündigung übergibt und erst nach der Übergabe der Kündigung einen Aufhebungsvertrag anbietet, haben Sie die Wahl. Da die Kündigung schon ausgesprochen wurde, kann nicht mehr von einer Drohung die Rede sein (ArbG Berlin, Urt. v. 29.06.2006, 38 Ca 4902/06). 

Entscheidend ist, dass Ihr Arbeitgeber mit dem unbedingten Ausspruch der Kündigung für den Fall der Nichtannahme des Vertrages droht. Stellt Ihr Arbeitgeber neben der Kündigung noch weitere Maßnahmen in Aussicht, kann nicht von einer Drohung gesprochen werden (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 06.08.2008, 4 Ca 3086/08). 

Die Widerrechtlichkeit ist ebenso abzulehnen, wenn Sie bei den Verhandlungen zum Aufhebungsvertrag zum Beispiel durch einen Rechtsanwalt vertreten sind.

5. Aufhebungsvertrag wegen Drohung wieder rückgängig machen?

Wenn Sie von einer widerrechtlichen Drohung betroffen sind, können Sie nach § 123 I BGB den Aufhebungsvertrag anfechten. Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr ab Ende der Zwangslage. 

Die Anfechtung bewirkt, dass der Aufhebungsvertrag ex tunc, also von Beginn an, nichtig ist. Ihr Arbeitsverhältnis besteht damit wieder in seiner ursprünglichen Form. Gleichzeitig können Sie auch die ausgebliebenen Gehaltszahlungen verlangen, die Ihnen Ihr Arbeitgeber in Annahme des beendeten Arbeitsverhältnisses nicht mehr gezahlt hat. 

Eine Abfindung müssen Sie in der Regel zurückzahlen. Allerdings gibt es Ausnahmefälle, in denen Sie die Abfindung nach der Anfechtung sogar behalten dürfen (§ 814 BGB).

6. Fazit 

  • Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen einen Aufhebungsvertrag und eine Kündigung gleichzeitig vorlegt, ist Vorsicht geboten. 
  • Unterschreiben Sie nicht vorschnell, sondern lassen Sie sich anwaltlich beraten. 
  • Ein Aufhebungsvertrag scheint zwar attraktiv, birgt aber auch Risiken.
  • Er hat insbesondere Folgen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. 
  • Unterschreiben Sie den Vertrag nicht, wird Ihr Arbeitgeber Ihnen wahrscheinlich kündigen. Dann besteht für Sie aber die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage und einer gerichtlichen Einigung samt Abfindung. 
  • Die Drohung mit einer Kündigung ist nur zulässig, wenn Ihr Arbeitgeber im konkreten Fall eine Kündigung in Betracht ziehen durfte. 
  • Ist die Drohung widerrechtlich, können Sie den Vertrag anfechten. Das Arbeitsverhältnis besteht dann wieder. 

Wir beraten Sie.

Rechtsanwalt Georg Gradl ist Experte für Aufhebungsverträge und erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schreiben Sie uns gerne Ihre Fragen per E-Mail oder rufen Sie uns an.

Eine kompetente Erstberatung, die auch die Prüfung Ihrer Unterlagen beinhaltet, bieten wir Ihnen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 250,00 € zzgl. USt. an.

Wenn Sie uns nach einer Erstberatung mit der Übernahme Ihres Falles beauftragen möchten, besprechen wir mit Ihnen vor der Mandatierung selbstverständlich die zu erwartenden weiteren Kosten und die Möglichkeiten einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch den Arbeitgeber.

Portrait Georg Gradl, Ihr Anwalt für Arbeitsrecht - ADVOLAW Starnberg

Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
Georg Gradl Signatur
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