Im Aufhebungsvertrag den Resturlaub richtig verwerten

Strandkorb - Resturlaub bei Aufhebungsvertrag - Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Georg Gradl, Starnberg, ADVOLAW
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Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, sollten Sie sich Ihren Resturlaub ausbezahlen lassen. Hier erfahren Sie vom Anwalt für Aufhebungsverträge, wie Sie Ihren Urlaubsanspruch richtig verwerten.

Aufhebungsvertrag und Resturlaub im Überblick

  • Mit einem Aufhebungsvertrag verlieren Sie Ihren Resturlaub nicht automatisch. Allerdings besteht das Risiko, dass Sie ungewollt auf Ihren Urlaubsanspruch verzichten.
  • Der Arbeitgeber kann Sie in den Urlaub schicken, solange der Arbeitsvertrag noch besteht.
  • Wenn Sie am Ende des Arbeitsvertrags noch Resturlaub haben, steht Ihnen eine Geldzahlung für jeden Urlaubstag zu. Das sollten Sie im Aufhebungsvertrag festhalten.

Inhalt

  1. Verliere ich durch einen Aufhebungsvertrag meinen Urlaubsanspruch?
  2. Muss ich meinen Resturlaub noch vor Vertragsende nehmen?
  3. Wann kann ich mir Resturlaub auszahlen lassen?
  4. Wie viel Resturlaub steht mir zu?
  5. Wie viel erhalte ich pro ausgezahlten Urlaubstag?
  6. Kann ich im Aufhebungsvertrag versehentlich auf den Urlaubsanspruch verzichten?

1. Verliere ich durch einen Aufhebungsvertrag meinen Urlaubsanspruch?

Nein. Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, bleibt Ihnen offener Resturlaub grundsätzlich erhalten.

Sie können die gesetzlichen Urlaubstage dann so verwerten:

  • Entweder genehmigt der Arbeitgeber Ihnen den Urlaub, solange Sie noch für das Unternehmen arbeiten.
  • Oder Sie erhalten eine Zahlung für jeden offenen Urlaubstag, der am Ende des Arbeitsvertrags noch besteht (Urlaubsabgeltung).

Aber Vorsicht: Im Aufhebungsvertrag sollte stehen, wie viel Resturlaub Sie noch haben. Denn Aufhebungsverträge enthalten fast immer sog. Abgeltungs- oder Erledigungsklauseln. Wenn Sie nicht aufpassen, verzichten Sie so im Aufhebungsvertrag auf einen Teil Ihres Urlaubsanspruchs (mehr dazu).

Wenn Ihr Urlaub bereits genehmigt wurde, ändert der Aufhebungsvertrag daran grundsätzlich nichts. Sie können den Urlaub nehmen.

Sollte Sie im Zeitraum des genehmigten Urlaubs schon nicht mehr für das Unternehmen arbeiten, fallen Ihnen die Urlaubstage zurück. Der Arbeitgeber muss den Urlaub dann neu festlegen oder Sie erhalten eine Zahlung für die ungenutzten Tage (BAG, Urteil vom 10.01.1974 – 5 AZR 208/73).

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2. Muss ich meinen Resturlaub noch vor Vertragsende nehmen?

Der Arbeitgeber kann Sie bis zum Ablauf des Arbeitsvertrags in den Urlaub schicken und so Ihren Urlaubsanspruch verwerten.

Vorteil: Sie haben frei.
Nachteil: Sie können für die verbrauchten Urlaubstage keine Zahlung mehr verlangen.

Allerdings müssen Sie nicht proaktiv auf den Arbeitgeber zugehen und um Urlaub bitten. Das ist von Vorteil, wenn Sie sich die Urlaubstage lieber auszahlen lassen möchten.

Wer bestimmt den Urlaubszeitraum?

Grundsätzlich darf der Arbeitgeber bestimmen, wann Sie Ihren Resturlaub nehmen.

Davon gibt es Ausnahmen:

  • Der Urlaubszeitraum darf für Sie nicht „unzumutbar“ sein. Das ist nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags selten. Dass Sie einen gebuchten Urlaub stornieren müssen, reicht allein nicht aus. Das gilt insbesondere, wenn Sie den Urlaub umbuchen können (BAG, Urteil vom 10.01.1974 – 5 AZR 208/73).
  • Der Arbeitgeber muss Ihnen grundsätzlich freigeben, wenn Sie Bewerbungsgespräche wahrnehmen möchten. Das darf nicht auf Kosten Ihres Urlaubs geschehen. Sie können die Urlaubsanordnung deshalb für Tage zurückweisen, die Sie für Ihre Stellensuche benötigen. Das ist insbesondere relevant, wenn die Zeit bis zum Ablauf des Arbeitsvertrags nur wenige Tage beträgt. Der einschlägige § 629 BGB gilt nach überzeugender Auffassung auch für den Aufhebungsvertrag.

Umgekehrt gilt dies nicht: Sie dürfen den Urlaub nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers nehmen. Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt kann sogar ein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Allerdings sind Urlaubswünsche zu genehmigen, wenn nicht „dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen“ (§ 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz). Ihr Arbeitgeber muss eine Ablehnung Ihres Urlaubsantrags also gut begründen können.

Verringert sich der Resturlaub durch eine Freistellung?

Ja, Arbeitgeber bestehen oft auf eine Klausel, wonach eine Freistellung mit dem Urlaubsanspruch verrechnet wird. Mit jedem Tag der Freistellung verlieren Sie also einen Urlaubstag, den Sie nicht ausgezahlt erhalten.

Was ist eine Freistellung?

Der Aufhebungsvertrag sieht oft vor, dass das Arbeitsverhältnis erst nach einigen Wochen endet. Während dieser Zeit möchte der Arbeitgeber Sie ggf. nicht mehr im Unternehmen sehen. Er stellt Sie deshalb im Aufhebungsvertrag frei und bezahlt Sie weiter. Sie müssen also nicht mehr arbeiten. Ob es hierzu kommt, hängt vom Einzelfall ab – ein Anspruch auf Freistellung besteht nicht.

Reduziert die Freistellung den Urlaubsanspruch?

Wenn Sie laut Aufhebungsvertrag freigestellt sind, stellt sich die Frage, ob damit auch Ihr Resturlaub verbraucht wird. Mit anderen Worten: Verlieren Sie mit jedem Tag der Freistellung einen Urlaubstag?

Ja, viele Aufhebungsverträge sehen entsprechende Klauseln vor.

Beispiel: „Der Mitarbeiter wird ab XX von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich freigestellt. Der verbleibende Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von XX Tagen wird in der Zeit von XX bis XX angerechnet.“

Solche Klauseln sind in manchen Fällen rechtswidrig. Achten Sie auf diese Voraussetzungen:

  • Der Aufhebungsvertrag muss ausdrücklich anordnen, dass Ihr Urlaub auf die Freistellung angerechnet wird. Das geht nicht nachträglich.
  • Die Freistellung erfolgt unwiderruflich. Bei einer widerruflichen Freistellung behält der Arbeitnehmer nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts seine Urlaubsansprüche (vgl. BAG, Urteil vom 14.3.2006 – Az. 9 AZR 11/05).

Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, besteht Ihr Urlaubsanspruch weiter. Sie können dann Zahlungen für Ihren Resturlaub in Geld verlangen (Urlaubsabgeltung).

3. Wann kann ich mir Resturlaub auszahlen lassen?

Für jeden ungenutzten Urlaubstag können Sie nach Ende des Arbeitsvertrags Geld verlangen (Urlaubsabgeltung). So sieht es § 7 Abs. 4 BUrlG für den gesetzlichen Urlaub vor.

Nach überzeugender Rechtsauffassung genügt es, dass Ihnen nach Ihrem letzten Arbeitstag noch Urlaubstage zustehen. Ob Sie sich zuvor darum bemüht haben, diese noch als echten Urlaub zu verwerten, spielt keine Rolle.

Bei einem Aufhebungsvertrag wird es häufig hierzu kommen. In vielen Fällen soll das Arbeitsverhältnis kurzfristig beendet werden, sodass eine baldige Auflösung vereinbart wird und Sie Ihren Urlaub nicht mehr in natura nehmen.

Beispiel: Sie schließen mit Ihrem Arbeitgeber am 24.10. einen Aufhebungsvertrag wegen Krankheit, der vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis bereits am 31.10. endet. Sie haben noch 15 Tage Resturlaub. Im verbleibenden Zeitraum werden Sie Ihren ganzen Resturlaub nicht mehr nehmen können. Die verbleibenden Urlaubstage muss der Arbeitgeber Ihnen deshalb in Geld auszahlen.

In vielen Fällen wird Ihr Arbeitgeber Ihnen auch aufgrund dringender betrieblicher Belange keinen Urlaub mehr gewähren. Beispielsweise, weil Sie einen neuen Mitarbeiter einarbeiten oder wichtige Projekte abschließen müssen. Auch dann können Sie die Auszahlung Ihrer Urlaubstage fordern.

Achtung: Die Urlaubsabgeltung kann die Auszahlung von Arbeitslosengeld I verschieben. Das kann Ihnen nicht passieren, wenn Sie im Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist einhalten. Dazu raten wir in der Regel. Eine Ruhenszeit führt faktisch dazu, dass Ihre Urlaubsabgeltung auf das Arbeitslosengeld nach dem Aufhebungsvertrag angerechnet werden.

4. Wie viel Resturlaub steht mir zu?

Das hängt davon ab, wie viele Urlaubstage Sie haben und wie viele davon bereits verbraucht sind.

Urlaubsanspruch berechnen

Sie haben pro Jahr einen gesetzlichen Anspruch auf Mindesturlaub. Die genaue Zahl Ihrer Urlaubstage berechnet sich nach der Anzahl Ihrer Arbeitstage pro Woche. Für jeden Wochenarbeitstag erhalten Sie vier Tage Urlaub pro Jahr.

  • Beispiel 1: Arbeiten Sie fünf Tage pro Woche, stehen Ihnen 20 Tage Urlaub zu.
  • Beispiel 2: Arbeiten Sie drei Tage pro Woche, kommen Sie auf 12 Tage Urlaub.

Selbstverständlich können Ihnen durch den Arbeits- oder Tarifvertrag noch mehr Urlaubstage zustehen.

Tipp: Es kann sich lohnen, das Beendigungsdatum im Aufhebungsvertrag hinauszuzögern:

  • Wenn Sie den Betrieb erst in der zweiten Jahreshälfte verlassen (also ab dem 1.7.), haben Sie den vollen Urlaubsanspruch. Etwas anderes gilt nur dann, wenn in Ihrem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausdrücklich Abweichungen geregelt sind. 
  • Endet Ihr Arbeitsverhältnis hingegen schon in der ersten Jahreshälfte, wird der Urlaubsanspruch anteilig berechnet. Sie haben dann Anspruch auf so viele Zwölftel des Jahresurlaubs, wie das Arbeitsverhältnis volle Monate in dem Jahr bestanden hat. Scheiden Sie beispielsweise zum 30.6. aus dem Betrieb aus, haben Sie für die sechs vollen Monate des Bestehens einen Anspruch auf 6/12, also die Hälfte des Jahresurlaubs – bei der 5-Stunden-Woche wären das zehn Tage Urlaub.

Resturlaub aus Vorjahren einbeziehen

Dank zweier aktueller Urteile des Bundesarbeitsgerichts stehen Ihnen unter Umständen hohe Zahlungen für ungenutzten Resturlaub der Vorjahre zu.

Die beiden Entscheidungen besagen, dass ungenutzter Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis nicht mehr ohne Weiteres am Ende des Jahres verfällt. Dazu kommt es nur, wenn der Arbeitgeber vorher auf Ihren offenen Urlaub hinweist, Sie auffordert, diesen zu nutzen, und Sie über den drohenden Verfall informiert. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, tritt nicht einmal Verjährung ein.

Sie können also offene Urlaubstage aus sämtlichen Jahren Ihrer Beschäftigung im Aufhebungsvertrag verwerten!

Die meisten Arbeitgeber sind den genannten Anforderungen in der Vergangenheit nicht gerecht geworden. Unzählige Arbeitnehmer können daher auf zahlreiche offene Urlaubstage zurückgreifen.

Wir empfehlen Ihnen zu überprüfen, wie viele Urlaubstage Sie in den letzten Jahren Ihrer Beschäftigung nicht genutzt haben. Für sämtliche dieser Tage können Sie eine Geldzahlung verlangen. Das sollte im Aufhebungsvertrag unbedingt berücksichtigt werden.

5. Wie viel erhalte ich pro ausgezahlten Urlaubstag?

Nachdem Sie die Anzahl Ihrer offenen Urlaubstage ermittelt haben, ist nun interessant, wie viel Sie pro Urlaubstag denn erhalten. Die Berechnung Ihrer Urlaubsabgeltung richtet sich nach § 11 BUrlG. Danach ist wie folgt vorzugehen: 

  • Sie multiplizieren Ihr durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen der letzten drei Monate mit 3. Welche Zahlungen dabei im Einzelnen zu berücksichtigen sind, erfahren Sie sogleich. 
  • Multiplizieren Sie diesen Wert nun mit der Anzahl Ihrer offenen Urlaubstage. 
  • Das Ergebnis dieser Rechnung dividieren Sie mit der Anzahl Ihrer üblichen Arbeitstage in den letzten 13 Wochen (bei einer Fünf-Tage-Woche also Faktor 65). Ob Sie tatsächlich gearbeitet haben, krank waren oder Feiertage in den Bezugsrahmen fallen, spielt keine Rolle. 

Der so errechnete Betrag ergibt die Urlaubsabgeltung, die Ihnen brutto zusteht. Darauf sind allerdings Sozialabgaben und Steuern zu zahlen. 

Beim durchschnittlichen Monatsverdienst sind zu berücksichtigen:

  • Ihr gewöhnlicher, regulärer Arbeitslohn
  • Bereitschaftsvergütung
  • Zuschläge für Schichtdienst etc.
  • Zulagen 

Keinen Eingang in die Rechnung findet hingegen: 

  • Überstundenvergütung der letzten 13 Wochen 
  • Urlaubsgeld
  • Weihnachtsgeld
  • Tantieme

6. Kann ich im Aufhebungsvertrag versehentlich auf den Urlaubsanspruch verzichten?

Ja, häufig findet sich in einem Aufhebungsvertrag eine „Abgeltungs- und Erledigungsklausel“.

Beispiel: „Die Parteien sind sich einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, bekannt oder unbekannt, erledigt sind.“ 

Auf Ihren Urlaub selbst können Sie zwar nicht wirksam verzichten. Sie behalten also, auch wenn Sie eine solche Klausel unterzeichnen, Ihre Urlaubsansprüche.

Aber Achtung: Das gilt uneingeschränkt nur für Ihren gesetzlichen Mindesturlaub (§ 13 BUrlG). Ihr vertraglicher Mehrurlaub kann per Erledigungsklausel verlorengehen. Außerdem wird Ihnen eine solche Klausel zum Verhängnis, wenn Sie sich Ihren Resturlaub nach Ende des Arbeitsverhältnisses auszahlen lassen wollen. Auf diesen reinen Geldanspruch können Sie nämlich sehr wohl wirksam verzichten (allerdings erst nach Ende des Arbeitsvertrags, LAG München Urt. v. 12.1.2023 – 3 Sa 358/22).

Zuletzt ein Hinweis: Seien Sie bei einer Abgeltungs- und Erledigungsklausel immer vorsichtig. Eine derartige Formulierung ist extrem weit gefasst und kann für Sie unerwartete Folgen haben. Bevor Sie eine solche Klausel unterzeichnen, sollten Sie sich daher stets mit Ihrem Anwalt für Aufhebungsverträge beraten.

Wir beraten Sie.

Rechtsanwalt Georg Gradl ist Experte für Aufhebungsverträge und erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht. Schreiben Sie uns gerne Ihre Fragen per E-Mail oder rufen Sie uns an.

Eine kompetente Erstberatung, die auch die Prüfung Ihrer Unterlagen beinhaltet, bieten wir Ihnen zu einem Pauschalhonorar in Höhe von 250,00 € zzgl. USt. an.

Wenn Sie uns nach einer Erstberatung mit der Übernahme Ihres Falles beauftragen möchten, besprechen wir mit Ihnen vor der Mandatierung selbstverständlich die zu erwartenden weiteren Kosten und die Möglichkeiten einer Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung oder durch den Arbeitgeber.

Portrait Georg Gradl, Ihr Anwalt für Arbeitsrecht - ADVOLAW Starnberg

Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
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