Steht ein Arbeitnehmer im Verdacht, am Arbeitsplatz eine Straftat oder schwere Pflichtverletzung begangen zu haben, wird der Arbeitgeber ihn nicht mehr weiter beschäftigen wollen. Will der Arbeitgeber deswegen kündigen, muss er den Tatvorwurf im Zweifelsfall auch beweisen können. Anders ist dies bei der Verdachtskündigung. Hier reicht bereits der konkrete Verdacht einer Straftat oder schweren Pflichtverletzung aus, um eine Kündigung aussprechen zu können. Deren Voraussetzungen sind allerdings hoch.
Was sind die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung?
- Der Arbeitgeber muss den dringenden Verdacht haben, dass der Arbeitnehmer grob gegen die ihm am Arbeitsplatz obliegenden Pflichten verstoßen hat. Würde dieser Verdacht zutreffen, müsste eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Beispiele sind Diebstahl, Körperverletzung und Beleidigung am Arbeitsplatz.
- Der dringende Verdacht darf nicht aus der Luft gegriffen sein. Der Arbeitgeber muss belastbare Anhaltspunkte für seine Vermutung haben.
- Der Arbeitgeber muss sein Möglichstes tun, um den Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen. Er muss unbedingt den Arbeitnehmer zu den Vorwürfen anhören. Ohne ausreichende Nachforschung seitens des Arbeitgebers scheitert die Verdachtskündigung. Hier liegt eine häufige Fehlerquelle, da das Anhörungsverfahren auf bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllen muss.
- Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat, soweit vorhanden, zur Verdachtskündigung anhören. Diese Anhörung muss nach der Befragung des Arbeitnehmers erfolgen. Ansonsten fehlen dem Betriebsrat wichtige Informationen und es besteht die Vermutung, dass der Arbeitgeber sich erst gar nicht mit der Sichtweise des Arbeitnehmers auseinandersetzt. Sobald der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Verdacht hat, muss er ihm innerhalb von zwei Wochen kündigen. Die Kündigung muss schriftlich ergehen.
In einem aktuellen Fall hatte sich das LAG Düsseldorf mit einer Verdachtskündigung zu befassen.
Das Land NRW beschäftigte den Arbeitnehmer seit 1987 in wechselnden Positionen. Zum Zeitpunkt der Kündigung war er als Pförtner einer Polizeidienststelle tätig. Eine Frau fand im Dezember 2017 einen 100€-Schein und gab ihn an der Pforte beim Arbeitnehmer ab. Später am Tag schrieb die Frau eine E-Mail an die Polizei. Sie wunderte sich, dass der Pförtner sie weder nach dem Fundort des Scheins noch nach ihrem Namen gefragt habe. Der Schein fand sich auch nicht auf der Polizeiwache und der Fund war nicht im elektronischen System eingetragen worden.
Der Arbeitnehmer wurde daraufhin wegen Unterschlagung angezeigt. Seine Arbeitgeberin konfrontierte ihn mit den Vorwürfen. Der Arbeitnehmer sagte, er habe den Schein nicht unterschlagen, sondern die Frau samt Schein zur zuständigen Stelle weitergeleitet. Die Arbeitgeberin glaubte dem Pförtner nicht und kündigte ihm fristlos.
Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht. Er verlor jedoch sowohl diesen als auch den nachfolgenden Prozess vor dem LAG Düsseldorf.
LAG Düsseldorf: Hohe Anforderungen an Verdachtskündigung erfüllt
Nach Ansicht der Richter wog der Verdacht schwer und konnte nicht ausgeräumt werden. Die Verdachtskündigung sei daher wirksam. Das Gericht habe keinen Grund erkennen können, warum die Frau hätte lügen sollen.
Auch die langjährige Beschäftigung des Arbeitnehmers rechtfertigte bei einem derart schweren Vorwurf keine andere Beurteilung.
Fazit
Bei dringendem Verdacht einer schweren Verfehlung kann der Arbeitgeber mitunter kündigen. Freies Spiel hat er dabei allerdings nicht. Im Gegenteil: Die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung liegen nochmals höher als im Rahmen der gewöhnlichen sog. Tatkündigung.
Selten ist der Verdacht so detailliert und glaubwürdig untermauert wie im entschiedenen Fall des LAG Düsseldorf. Darauf ist der Arbeitgeber allerdings angewiesen.
Eine Klage kann sich somit gerade bei einer Verdachtskündigung für den Arbeitnehmer lohnen und seinen Arbeitsplatz sichern. Betroffene sollten sich von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht vor Gericht vertreten lassen.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 28.06.2019, Az. 6 Sa 994/18