Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds

Abteilungsleiter spricht mahnend mit einem Mitarbeiter - Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Georg Gradl, Starnberg, ADVOLAW
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Ein Betriebsratsmitglied hat zwei unterschiedliche rechtliche Stellungen, welche strikt voneinander zu trennen sind: Er ist zum einen Mitglied des Betriebsrats, zum Anderen aber auch Arbeitnehmer. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat darf sich dabei nicht nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken.

Diese Trennung wirkt sich auch auf das Recht des Arbeitgebers aus, Abmahnungen auszusprechen. Eine Abmahnung ist nämlich unzulässig, wenn der Arbeitnehmer lediglich Pflichten verletzt, die aus seiner Tätigkeit als Betriebsrat resultieren.

Über einen solchen Fall hatte zuletzt das Arbeitsgericht Stuttgart zu entscheiden. Es gab der Klage von drei Betriebsratsmitgliedern statt, die gegen ihre Abmahnungen vorgingen.

Zur Einführung: In welchen Fällen können Betriebsratsmitglieder abgemahnt werden? 

Dem Betriebsratsmitglied dürfen keine Vorteile aufgrund seiner oder ihrer Sonderstellung zukommen. Gleichzeitig darf sich die Mitgliedschaft im Betriebsrat aber auch nicht negativ auf die Stellung als Arbeitnehmer auswirken. Die Abmahnung des Betriebsrats ist daher unzulässig, wenn die Verfehlung ausschließlich Bezug zur Tätigkeit im Betriebsrat hat. Bei grober Verletzung der Amtspflichten kann der Arbeitgeber aber gemäß § 23 I Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beim Arbeitsgericht den Ausschluss des betreffenden Mitglieds aus dem Betriebsrat beantragen.

Möglich bleibt die Abmahnung, wenn der Betriebsrat seine Pflichten aus dem normalen Arbeitsverhältnis verletzt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn er wiederholt unpünktlich zur Arbeit kommt. Der Abmahnung kann er dann auch nicht die Mitgliedschaft im Betriebsrat entgegenhalten, da diese in keinem Bezug zur Verspätung steht.

Die Möglichkeit, gegen eine unzulässige Abmahnung vorzugehen, steht nur dem abgemahnten Betriebsratsmitglied selbst offen. Ein entsprechendes Recht des Betriebsrats als Kollektiv existiert hingegen nicht.

Abmahnungen aufgrund der Verletzung der Friedenspflicht

Dem vom Arbeitsgericht Stuttgart zu entscheidenden Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

In einer Niederlassung der Arbeitgeberin besteht ein Betriebsrat aus drei Mitgliedern. Diese hielten die Prämien der Außendienstmitarbeiter für unrichtig berechnet. Um gerichtlich effektiv gegen die Berechnung vorzugehen, forderten die Betriebsratsmitglieder die Mitarbeiter per Mail auf, ihren jeweiligen Arbeitszielen zu widersprechen.

Die Arbeitgeberin hielt diese Aufforderung des Betriebsrats für rechtswidrig. Zur Begründung berief sie sich auf das Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit aus § 2 I BetrVG und die Friedenspflichtaus § 74 II 2 BetrVG. Sie mahnte die Betriebsräte ab und drohte im Falle weiterer Verstöße mit einem Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat gemäß § 23 I BetrVG.

Die Mitglieder des Betriebsrats ließen daraufhin die Unwirksamkeit der Abmahnungen durch das Arbeitsgericht Stuttgart feststellen.

Abmahnung der Betriebsräte ist unwirksam 

Die Richter hielten die Abmahnung für unwirksam. Sie müsse aus den Personalakten entfernt werden.

Dabei komme es nicht darauf an, ob die Anweisung der Betriebsräte an die Außendienstmitarbeiter tatsächlich rechtswidrig gewesen sei. Inhalt der Personalakten seien nämlich allein die beruflichen und persönlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer. Davon werde aber die Stellung als Betriebsrat nicht berührt.

Die Abmahnung in der Personalakte habe eine nachteilige Wirkung auf die Stellung als Arbeitnehmer. Dies solle gemäß § 78 S. 2 BetrVG aber gerade vermieden werden.

Fazit

Die Entscheidung bestätigt, dass eine Abmahnung gegenüber einem Betriebsratsmitglied allein aufgrund der Verletzung seiner Amtspflichten meist unzulässig ist. Bereits mehrmals haben die höheren Arbeitsgerichte in diesem Sinne entschieden. Ein Vorgehen gegen eine solche Abmahnung ist daher mit einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht erfolgsversprechend.

Arbeitsgericht Stuttgart, Beschluss vom 30.04.2019, Az. 4 BV 251/18

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