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Aufhebungsvertrag bei Interessenausgleich und Sozialplan

6. August 2025
Anwalt im Mandantengespräch: Aufhebungsvertrag bei Interessenausgleich und Sozialplan
Foto: Yaroslav Astakhov on Shutterstock

Im Rahmen von Restrukturierungen bieten Unternehmen ihren Mitarbeitenden häufig Aufhebungsverträge an – oft in Verbindung mit einem Interessenausgleich und Sozialplan. Ziel ist es, Stellen möglichst reibungslos abzubauen. Wir erklären Ihnen, was Sie wissen müssen, wenn Ihnen neben einem Sozialplan auch ein Aufhebungsvertrag angeboten wird.

Autor: Georg Gradl

Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht in Starnberg

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich. Notwendig ist also Ihre Zustimmung als Arbeitnehmer, zu der Sie nicht verpflichtet sind. Dies ist der entscheidende Unterschied zur Kündigung.

Aufhebungsverträge können Vorteile für beide Seiten haben, wie z.B. eine flexible Festlegung des Beendigungszeitpunkts. In der Regel hat aber der Arbeitgeber ein größeres Interesse an einem Aufhebungsvertrag. Diese Interessenlage können Sie nutzen, um beispielsweise eine höhere Abfindung auszuhandeln oder ein ausgezeichnetes Arbeitszeugnis zu verlangen.

Vorsicht: Auf der anderen Seite drohen insbesondere für den Arbeitnehmer Nachteile. Mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages verzichten Sie auf den Kündigungsschutz und damit auch die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage. In diesem Zuge entfällt auch die Einflussmöglichkeit des Betriebsrats. Zudem droht eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld. Lassen Sie sich vor der Unterzeichnung deshalb in jedem Fall beraten.

Was ist ein Sozialplan?

Wenn der Arbeitgeber Stellen abbaut oder die Belegschaft neu aufstellt, spricht man in der Regel von einer Betriebsänderung (auch Um- oder Restrukturierung). Ab einer Betriebsgröße von 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ist meist der Betriebsrat zu beteiligen.

Betriebsrat und Arbeitgeber verhandeln dann grundsätzlich einen Sozialplan, um die sozialen Folgen der Betriebsänderung für die Entlassenen zu mildern. Arbeitnehmer können hier typischerweise mit einer Abfindung rechnen.

Schließt der Aufhebungsvertrag eine Abfindung aus dem Sozialplan aus?

Haben Sie als Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsänderung einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, stellt sich die Frage, ob Sie damit eine Abfindung aus dem Sozialplan liegenlassen.

Auf den ersten Blick scheinen Sie von der Sozialplanabfindung ausgeschlossen, weil diese in aller Regel nur an gekündigte Mitarbeiter gerichtet ist. Sie sind mit Ihrem Aufhebungsvertrag einer Kündigung aber zuvorgekommen.

Meist geht der Aufhebungsvertrag aber auf die Initiative des Arbeitgebers zurück und führt wirtschaftlich zu ähnlichen Ergebnissen. Sollte der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag „veranlasst“ haben, werden Sie deshalb wie ein gekündigter Arbeitnehmer behandelt. Demzufolge stehen Ihnen auch die Sozialplanabfindung zu.
Von einer „Veranlassung“ durch den Arbeitgeber ist dann auszugehen, wenn dieser Ihnen Grund zur Annahme gegeben hat, dass das Arbeitsverhältnis ohne den Abschluss eines Aufhebungsvertrags in naher Zukunft gekündigt wird.

Bedenken Sie allerdings, dass eine Abfindung aus dem Aufhebungsvertrag mit der Sozialplanabfindung verrechnet wird. Sie können die Abfindung also nicht doppelt verlangen. Entsprechende Klauseln im Aufhebungsvertrag sind grundsätzlich zulässig.

Kann ich mit einem Aufhebungsvertrag die Abfindung erhöhen?

Ja! Möglich ist dies insbesondere in den folgenden zwei Fällen:

Freiwilligenprogramme

Im Rahmen sogenannter Freiwilligenprogrammen bietet der Arbeitgeber Ihnen einen Aufhebungsvertrag mit höherer Abfindung an, sofern Sie frühzeitig zustimmen. Dieses Programm muss allerdings in einer separaten Betriebsvereinbarung geregelt werden und darf nicht Bestandteil des Sozialplans sein.

Bei guter Verhandlung kann ein Freiwilligenprogramm eine gute Lösung sein. Bedenken Sie aber, dass Sie mit Ihrer Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag Ihren gesamten Kündigungsschutz aufgeben. Dies sollten Sie sich mit attraktiven Konditionen (hohe Abfindung, Bonus, Freistellung, Turboklausel, Zeugnis) bezahlen lassen. Seien Sie sich auch der generellen Risiken eines Aufhebungsvertrags bewusst, insbesondere die Sperrzeit und Anrechnung der Abfindung auf das ALG I.

Nachverhandelte Abfindung

Gute Chancen auf eine höhere Abfindung per Aufhebungsvertrag haben Sie auch, wenn der Arbeitgeber eine Klage gegen die im Raum stehende Kündigung verlieren würde. In diesem Fall ist der Arbeitgeber womöglich bereit, individuell eine Abfindung zu vereinbaren, die neben die Sozialplanabfindung tritt. Gründe für eine rechtswidrige Kündigung und damit für eine höhere Abfindung können unter anderem folgende sein:

  • Fehlerhafte Sozialauswahl (der Arbeitgeber muss anhand festgelegter Kriterien die sozial stärksten Mitarbeiter bestimmen und diese vorrangig entlassen)
  • Massenentlassung nicht im Vorhinein bei der zuständigen Arbeitsagentur angezeigt.
  • Sie genießen Sonderkündigungsschutz (z.B. in Elternzeit, als Betriebsrat, wegen einer Schwerbehinderung oder weil Sie schwanger sind.

Um per Aufhebungsvertrag Ihre Abfindung nachzuverhandeln, müssen Sie selbst auf den Arbeitgeber zugehen! Sie sind hier auf versierten juristischen Rat angewiesen.

Kann ich im Aufhebungsvertrag auf meine Abfindung verzichten?

Aufhebungsverträge enthalten oft sog. Ausgleichsklauseln. Der Arbeitnehmer verzichtet darin auf nahezu alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Wenn Ihnen neben einem Aufhebungsvertrag grundsätzlich eine Sozialplanabfindung zusteht (insbes. bei Veranlassung des Vertrags durch den Arbeitgeber), geht Ihnen diese aufgrund einer Ausgleichsklausel grundsätzlich nicht verloren. Auf Ansprüche aus dem Sozialplan können Sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats verzichten. Da der Betriebsrat der Freund und nicht der Feind der Belegschaft ist, wird eine solche nur unter ungewöhnlichen Umständen vorliegen.

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Höhere Abfindung dank Nachteilsausgleichs?

Im Rahmen einer Betriebsänderung muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat grundsätzlich auch über einen Interessensausgleich verhandeln. Anders als im Sozialplan geht es hier nicht um die sozialen Folgen der Umstrukturierung, sondern deren Umfang und Ablauf. Typische Inhalte sind zum Beispiel

  • die Festlegung auf einen bestimmten Zeitplan,
  • die Anzahl der abzubauenden Stellen sowie
  • Beschäftigungsgarantien für verbleibende Mitarbeiter.

Weicht der Arbeitgeber von dem verhandelten Interessensausgleich „ohne zwingenden Grund“ ab, kommt der Nachteilsausgleich zum Zuge. Dieser sanktioniert den Arbeitgeber, indem er Arbeitnehmern einen Anspruch auf den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile in Folge der Betriebsänderung gewährt. Konkret können Arbeitnehmer eine Abfindung verlangen, sofern sie infolge der Abweichung von dem Interessensausgleich entlassen werden.

Ein „zwingender Grund“ für die Abweichung wird nur in äußersten Ausnahmefällen angenommen. Daher sollten Arbeitnehmer in jedem Fall ihre Rechtslage
einschätzen lassen.

Sollten Sie mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben, gelten in Bezug auf die Anwendbarkeit des Nachteilsausgleichs die gleichen Regeln wie bei dem Anspruch auf Abfindung aus dem Sozialplan (s.o. Punkt 3). Das heißt: Sollte der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag entgegen einem Interessenausgleich „veranlasst“ haben, werden Sie rechtlich wie ein gekündigter Arbeitnehmer behandelt.

Auswirkungen des Aufhebungsvertrags auf das Arbeitslosengeld

Wenn Sie nicht unmittelbar in einen neuen Job wechseln, steht Ihnen in der Regel Arbeitslosengeld I zu. Im Falle eines freiwilligen Austritts verhängt die Bundesagentur für Arbeit (BA) allerdings eine Sperrzeit, die in der Regel 12 Wochen lang ist.

Achtung: Auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags wird grundsätzlich als freiwilliger Austritt angesehen. Hier erfahren Sie, wie Sie eine Sperrzeit nach einem Aufhebungsvertrag vermeiden.

Fazit

  • Ein Aufhebungsvertrag löst das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf.
  • Ein Sozialplan wird im Rahmen von Betriebsänderungen verhandelt, um insbesondere die Folgen von Stellenstreichungen für Arbeitnehmer zu mildern. Oft sieht er eine Sozialplanabfindung vor.
  • Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben, steht Ihnen die Sozialplanabfindung zu, sofern der Aufhebungsvertrag (wie so oft) von Ihrem Arbeitgeber veranlasst wurde.
  • Unter gewissen Umständen ist es möglich, mit dem Aufhebungsvertrag eine höhere Abfindung zu erzielen, insbes. per Freiwilligenprogramm.
  • Sollte der Arbeitgeber im Falle einer Betriebsänderung den gesetzlichen Anforderungen an einen Interessensausgleich nicht gerecht werden, kann der Arbeitnehmer eine Kompensation durch den sog. Nachteilsausgleich erlangen.
  • Verhindern Sie als Arbeitnehmer eine Sperrzeit in Bezug auf das Arbeitslosengeld I!

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Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Autor dieses Beitrags

Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
  • Experte für Aufhebungsverträge
  • Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
  • Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
  • Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
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