Ein Abwicklungsvertrag kann nach einer Kündigung eine sinnvolle Lösung sein. Er bietet Ihnen die Möglichkeit, eine Abfindung zu erhalten und die Auswirkungen der Kündigung individuell zu gestalten. In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf es beim Abwicklungsvertrag ankommt und welche Punkte besonders wichtig sind.
Was regelt ein Abwicklungsvertrag?
Ein Abwicklungsvertrag dient dazu, nach einer Kündigung die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber einvernehmlich zu regeln. Er ist freiwillig und Sie müssen sich mit Ihrem Arbeitgeber einigen. Sie können nicht zur Unterschrift gezwungen werden.
Was beinhaltet ein Abwicklungsvertrag?
Üblicherweise einigen sich die Vertragsparteien darüber, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis endet und in welcher Höhe eine Abfindung an den Arbeitnehmer gezahlt werden soll. Eine Freistellung des Arbeitnehmers, die verbindliche Regelung von Gehaltsansprüchen inklusive Boni sowie die Einigung auf ein gutes Zeugnis sind ebenfalls Punkte, die typischerweise in einem Abwicklungsvertag geregelt werden. Als Gegenleistung verzichtet der entlassene Arbeitnehmer auf eine Kündigungsschutzklage vor Gericht, sodass die Kündigung nach Ablauf der Klagefrist von drei Wochen zum vereinbarten Beendigungszeit-punkt wirksam wird.
Zentraler Vorteil für Sie ist also, dass Sie eine Abfindung und Rechtssicherheit über alle Ihnen noch zustehenden Ansprüche erhalten. Einem Abwicklungsvertrag ohne Abfindung sollten Sie in aller Regel nicht zustimmen. Der wichtigste Vorteil für Ihren Arbeitgeber ist, dass er keinen langwierigen Kündigungsprozess fürchten muss und schnell Planungssicherheit über die freigewordene Stelle erhält.
Was ist der Grund für einen Abwicklungsvertrag?
Nach einer Kündigung müssen Sie nicht zwingend einen Abwicklungsvertrag schließen. Das Gesetz regelt bereits, was nach einer Kündigung passiert. Der Abwicklungsvertrag hat allerdings den Vorteil, dass Sie von diesen gesetzlichen Folgen abweichen können und eine Regelung treffen, die besser auf Ihre Situation zugeschnitten ist.
Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt Ihnen, obwohl er keinen eindeutigen Grund für eine Kündigung geltend machen kann. Sie können gegen die Kündigung klagen, was für den Arbeitgeber ein großes Risiko und für Sie einen beträchtlichen Aufwand bedeutet.
Mit dem Abwicklungsvertrag haben Sie die Möglichkeit eine bessere Lösung zu finden. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits können Sie sich z.B. auf eine längere Kündigungsfrist und eine Abfindung einigen. Im Gegenzug verzichten Sie auf eine Kündigungsschutzklage und akzeptieren so die Kündigung.
Ob ein Abwicklungsvertrag in Ihrer Situation sinnvoll ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht ist unerlässlich.
Droht nach dem Abwicklungsvertrag eine Sperrzeit beim ALG?
Ein Abwicklungsvertrag birgt Risiken für Ihren Arbeitslosengeld-Bezug!
Wann droht eine Sperrzeit nach Abwicklungsvertrag?
Nach der Entlassung aus einem sozialversicherungspflichtigen Job steht Ihnen Arbeitslosengeld I (ALG) zu, da Sie monatlich von Ihrem Bruttolohn in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Unter bestimmten Umständen jedoch kann Ihnen eine Sperrzeit auferlegt werden. Dies bedeutet, dass Sie für einen gewissen Zeitraum kein ALG I bekommen.
Eine Sperrzeit kann zum einen entstehen, wenn Sie sich zu spät als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit gemeldet haben. Dies müssen Sie drei Monate vor dem Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses bzw. bei einer kurzfristigen Kündigung drei Tage nach dem Zugang der Kündigung tun. Wenn Sie diese Fristen versäumen, werden Sie für eine Woche gesperrt.
Zum anderen droht im Falle eines Abwicklungsvertrags eine Sperrzeit wegen freiwilliger Arbeitsaufgabe. Das Bundessozialgericht nimmt nämlich an, dass ein Arbeitnehmer durch den Abschluss eines Abwicklungsvertrags auf die Kündigungsschutzklage verzichtet und damit aktiv Einfluss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nimmt. Die Sperrzeit kann hier bis zu 12 Wochen betragen und beginnt am Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Während dieser Zeit erhalten Sie also kein Arbeitslosengeld.
Hier erfahren Sie mehr zur Sperrzeit nach einem Aufhebungsvertrag, die der Sperrzeit nach einem Abwicklungsvertrag entspricht.
Sperrzeit nach Abwicklungsvertrag umgehen
Allerdings gibt es Ausnahmen. Wenn ein wichtiger Grund für den Abschluss des Abwicklungsvertrags vorlag, der es Ihnen unzumutbar gemacht hat, am Arbeitsvertrag festzuhalten, wird keine Sperrzeit verhängt. Ein wichtiger Grund liegt z.B. vor
- wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für Sie unzumutbar war
- Sie die Arbeitslosigkeit nicht grob fahrlässig herbeigeführt haben und
- der wichtige Grund ursächlich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war
Hat der Arbeitgeber bereits eine Kündigung ausgesprochen und ist diese nicht offensichtlich unwirksam, wird die Bundesagentur für Arbeit in der Regel keine Sperrfrist verhängen, wenn Sie einen Abwicklungsvertrag schließen, da die gleichen Rechtsfolgen wie bei einem gerichtlichen Vergleich eintreten.
Wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?
Der Abschluss eines Abwicklungsvertrages kann allerdings zu einer Ruhenszeit führen, die ebenfalls bewirkt, dass Sie erst später Arbeitslosengeld erhalten. Faktisch werden Teile Ihrer Abfindung mit dem ALG verrechnet. Das ist dann der Fall, wenn
- Ihr Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist endet
- und Ihnen eine Abfindung gezahlt wird.
Die Folge ist, dass Ihr Anspruch auf ALG ruht, d.h. nicht direkt ab dem Tag der Arbeitslosigkeit beginnt, sondern grundsätzlich erst ab Ablauf der Kündigungsfrist.
Der Unterschied zur Sperrzeit ist, dass durch die Ruhenszeit der Anspruch auf ALG und die Bezugszeit nicht gemindert werden, sondern sich nur der Zahlungsbeginn verschiebt. Der durch die Ruhenszeit ausgefallene Zeitraum wird also später nachgeholt; bei der Sperrzeit fällt er schlicht weg.
Enthält ein Abwicklungsvertrag eine Abfindung?
Ein Abwicklungsvertrag enthält nicht grundsätzlich eine Abfindung. Diese müssen Sie mit dem Arbeitgeber ausdrücklich vereinbaren.
Da die Höhe nicht gesetzlich vorgegeben ist, müssen die Vertragsparteien darüber verhandeln. Sie können sich an der Faustregel orientieren, dass pro Jahr der Betriebszugehörigkeit ca. mit einem halben Bruttomonatsgehalt zu rechnen ist. Beachten Sie aber, dass viele Arbeitgeber bei zweifelhaften und problematischen Kündigungen bereit sind, mehr zu zahlen, um das Risiko einer Klage und eines kostspieligen Gerichtsprozesses zu beseitigen.
Beispiel: Mitarbeiter M, der seit 15 Jahren in einem Unternehmen beschäftigt ist, wird außerordentlich gekündigt. Er hat monatlich 4.500 € brutto verdient. Dies ergibt nach der Faustregel eine Abfindungszahlung i. H. v. 33.750 € brutto.
Da außerordentliche Kündigungen oft fehlerbehaftet sind, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eine höhere Abfindungszahlung für M aushandeln kann.
Besonders hohe Chancen auf eine Abfindung haben Sie außerdem, wenn Sie besonderen Kündigungsschutz genießen. Das betrifft zum Beispiel:
- Schwerbehinderte
- Betriebsratsmitglieder
- Mitarbeiter in Elternzeit
- Schwangere
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Wann sollte ich den Abwicklungsvertrag (nicht) unterschreiben?
Auch wenn die hohe Abfindungssumme zunächst verlockend klingt, sollten Sie nichts überstürzen. Der Abwicklungsvertrag birgt einige Risiken:
Sperr- und Ruhenszeiten beim Arbeitslosengeld
Durch die Sperr- bzw. Ruhenszeit können gravierende finanzielle Nachteile für Sie entstehen, wenn Sie nach der Kündigung auf Arbeitslosengeld angewiesen sind. Ihnen bleibt aber die Möglichkeit, mit Ihrem Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich für die Sperrzeit auszuhandeln. Bei guter Beratung wird es Ihnen auch gelingen, eine Sperrzeit oder Ruhenszeit zu vermeiden.
Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage
Rechtmäßige Kündigungen müssen hohe Anforderungen erfüllen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kündigung Ihres Arbeitgebers gegen das Kündigungsschutzgesetz verstößt, ist hoch, sodass auch Ihre Erfolgschancen vor Gericht hoch sind.
Wenn Sie den Abwicklungsvertrag unterschreiben, verzichten Sie auf den gerichtlichen Schutz und geben so Ihre Stelle auf.
Zu geringe Abfindung
Auch Ihr Arbeitgeber weiß, dass Sie vor Gericht grundsätzlich gute Chancen gegen Ihre Kündigung haben. Sie verbessern deshalb ggf. Ihre Verhandlungsposition, wenn Sie den Abwicklungsvertrag ablehnen und sich für eine Kündigungsschutzklage entscheiden. Der Druck auf den Arbeitgeber erhöht sich damit. Er steigt umso weiter, je länger der Prozess sich zieht.
Vor Gericht können Sie deshalb oft eine höhere Abfindung erzielen. Zugleich bestehen weniger Risiken beim Arbeitslosengeld.
Verzicht auf offene Zahlungen
Abwicklungsverträge enthalten standardmäßig sog. Abgeltungsklauseln. Damit verzichten Sie auf nahezu alle Ansprüche, die Ihnen noch aus dem Arbeitsverhältnis zustehen (z.B. Zahlungen aufgrund von Resturlaub oder Überstunden).
Sie sollten daher vorher genau prüfen lassen, welche Zahlungen Sie noch verlangen können.
Weniger Risiken bei nahtloser Anschlussbeschäftigung
Wenn Sie bereits einen neuen nahtlos übergehenden Arbeitsvertrag sicher haben und nicht auf ALG angewiesen sind, können Sie den Abwicklungsvertrag eher mit einem ruhigen Gewissen unterschreiben. Auch hier drohen aber Risiken, wie z.B. der Verzicht auf offene Zahlungen.
Lassen Sie sich aber nicht zu viel Zeit. Die Klagefrist von drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung läuft. Wenn Sie diese Frist versäumen, können Sie ohnehin nicht mehr gegen die Kündigung klagen, sodass Ihr Arbeitgeber den Anreiz für weitere Abwicklungsverhandlungen verliert und Sie leer ausgehen.
Unterschied Abwicklungsvertrag und Aufhebungsvertrag
Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag ähneln sich stark. Dennoch bestehen Unterschiede.
Mit einem Aufhebungsvertrag wird ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch Arbeitnehmer und -geber beendet. Zu einer Kündigung, die nur unter strengen Anforderungen rechtmäßig ist, kommt es erst gar nicht. Sie können keine Klage erheben und verzichten so auf Ihren Kündigungsschutz.
Ein Abwicklungsvertrag wird erst relevant, wenn eine Partei bereits eine Kündigung ausgesprochen hat. Eine vorangegangene Kündigung ist zwingend erforderlich, da sonst der Arbeitgeber keinen Grund hätte, Sie zum Verzicht auf die Kündigungsschutzklage zu bewegen.
Der Abwicklungsvertrag bedarf nicht der Schriftform, dennoch ist es aus Beweisgründen sinnvoll, auch diesen schriftlich abzuschließen. Wenn Sie den Abwicklungsvertrag ablehnen, können Sie gegen die Kündigung klagen.
Die übrigen Inhalte von Aufhebungsvertrag und Abwicklungsvertrag ähneln sich stark (Vereinbarungen über eine Abfindung, Ausstiegsdatum, Arbeitszeugnis, offene Ansprüche, Abgeltungsklausel,…).
Kurz gesagt: Mit einem Abwicklungsvertrag stellen die Parteien nach einer Kündigung eine ähnliche Lage her, wie sie nach einem Aufhebungsvertrag bestünde.
Ist ein Abwicklungsvertrag durch den Arbeitnehmer möglich?
Ein Abwicklungsvertrag muss einvernehmlich zwischen dem Arbeitgeber und -nehmer geschlossen werden. Wenn Sie einen Abwicklungsvertrag herbeiführen möchten, können Sie Ihren Arbeitgeber auf die Schwächen der Kündigung aufmerksam machen und ihn anschließend auf Ihre Absicht hinweisen, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Um dies zu verhindern, kann er sich auf einen Abwicklungsvertrag einlassen.
Fazit
- Mit einem Abwicklungsvertrag verzichten Sie auf eine Klage gegen Ihre Kündigung und akzeptieren so Ihre Entlassung. Im Gegenzug erhalten Sie in aller Regel eine Abfindung.
- Der Abwicklungsvertrag kommt nur zustande, wenn Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber darauf einigen.
- Ein Abwicklungsvertrag regelt meist auch weitere Folgen der Kündigung, wie z.B. Resturlaub, Arbeitszeugnis und Beendigungszeitpunkt.
- Nach einem Abwicklungsvertrag kann es zu einer Sperrzeit beim ALG kommen.
- Der Unterschied zwischen Abwicklungs- und Aufhebungsvertrag besteht darin, dass ersterer eine vorangegangene Kündigung erfordert, während letzterer das Arbeitsverhältnis selbst beendet.
- Ein Abwicklungsvertrag kann auch durch den Arbeitnehmer initiiert werden.
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Georg Gradl, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Autor dieses Beitrags
Dieser Beitrag basiert auf der langjährigen Erfahrung von Rechtsanwalt Georg Gradl. Er berät und vertritt bundesweit Arbeitnehmer bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
- Fachanwalt für Arbeitsrecht seit über 20 Jahren
- Experte für Aufhebungsverträge
- Zertifizierter Verhandlungsexperte nach dem Harvard-Konzept®
- Regelmäßige Fortbildungen im Arbeitsrecht
- Zufriedene Mandanten: Seit Jahren Top-Bewertungen bei Google
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