Abmahnung als Wirksamkeitsvoraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung

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Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich abmahnen. Beruht die Kündigung auf mehreren Pflichtverletzungen, muss jede abgemahnt werden. Das gilt gerade auch bei mehreren kleinen Verstößen, die allein betrachtet keine Kündigung rechtfertigen. Sie werden nicht etwa zu einem schweren Gesamtverstoß zusammengefasst, bei dem eine Abmahnung nicht mehr erforderlich wäre.

Welchen Zweck hat eine Abmahnung?

Die Abmahnung erfüllt zwei Funktionen: Zum Einen dient sie dazu, das Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu dokumentieren. Zum Anderen beinhaltet sie die Aufforderung an den Arbeitnehmer, in Zukunft seinen Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen. Die Abmahnung soll ihn warnen und ihm mögliche Konsequenzen seines vertragswidrigen Verhaltens bewusst machen. Sie ist gewissermaßen die Vorstufe zur Kündigung.

Viele Pflichtverletzungen, aber nur zwei Abmahnungen

Dem entschiedenen Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens hatte verschiedene Pflichtverletzungen begangen.

·         Er ist unerlaubt einer Nebentätigkeit nachgegangen;

·         hat sich bei Krankheit nicht rechtzeitig arbeitsunfähig gemeldet;

·         hat die Aufnahme neu zugewiesener Tätigkeiten verweigert und

·         gegen seine Verschwiegenheitspflichten verstoßen.

Die Arbeitgeberin mahnte ihn wegen der unerlaubt ausgeübten Nebentätigkeit und der nicht rechtzeitigen Meldung von Arbeitsunfähigkeit ab. Bezüglich der anderen Verstöße gab es dagegen keine Abmahnungen.

Die Arbeitgeberin kündigte dem Arbeitnehmer unter Berufung auf die Pflichtverletzungen schließlich fristlos. Hiergegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten.

LAG Köln: Unwirksamkeit der Kündigung mangels Abmahnung

Die Arbeitgeberin war der Auffassung, dass die verschiedenen Pflichtverletzungen bei einer Gesamtbetrachtung als beharrliche Arbeitsverweigerung anzusehen seien. Wegen der Vielzahl der Verstöße sei die Kündigung auch gerechtfertigt, ohne dass jeder einzelne Verstoß abzumahnen sei.

Das LAG Köln gab dagegen dem Arbeitnehmer Recht und entschied, dass die Kündigung unwirksam sei. Es sei jede Pflichtverletzung für sich zu betrachten. Deshalb müsse auch jeder einzelne Verstoß abgemahnt werden. Sinn der Abmahnung sei es, dem Arbeitnehmer vor Augen zu führen, dass er sein Verhalten ändern müsse. Diese Warnfunktion würde nicht erfüllt, wenn nicht hinsichtlich jeder einzelnen Pflichtverletzung eine Abmahnung ausgesprochen werde.

Fazit

Mit einer Abmahnung soll der Arbeitnehmer gewarnt werden, damit er sein Verhalten ändern kann. Eine Abmahnung muss für jeden einzelnen auch geringfügigen Pflichtenverstoß ausgesprochen werden. Sonst kann eine Kündigung auf die Pflichtverletzung(en) nicht gestützt werden. Entlassene Arbeitnehmer sollten eine verhaltensbedingte Kündigung in jedem Fall von einem Anwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen.

Beachten Sie aber: Nicht jede verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass zuvor eine Abmahnung ausgesprochen wird. Bei besonders schweren Pflichtverletzungen (Ausnahmefälle!) kann auch ohne vorherige Abmahnung verhaltensbedingt gekündigt werden. Aus der Entscheidung des LAG folgt lediglich, dass einzelne kleine Verstöße nicht zu einem solchen schweren Verstoß zusammengefasst werden können.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 06. September 2018, Aktenzeichen: 6 Sa 64/18

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